Wie kann Soziale Arbeit Menschen unterstützen, die vor Krieg, Armut oder Verfolgung fliehen? Was bedeutet Familie im Kontext von Migration? Und wie prägt Geschichte unseren Umgang mit Vielfalt? Mit diesen Fragen beschäftigten sich Studierende und Lehrende aus drei Ländern beim 2.Blended Intensive Programme (BIP) in Neubrandenburg und Berlin. Die Hochschule Neubrandenburg war das erste Mal die organisierende Hochschule einer BIP intensive week unter der Leitung von Prof.in Dr.in Júlia Wéber.
Vom 19. bis zum 23. Mai 2025 kamen 32 Studierende und 8 Lehrende der LAB University of Applied Sciences Lahti (Finnland), der Faculty of Social Sciences der ELTE Universität Budapest (Ungarn), der Hochschule Neubrandenburg und der Evangelischen Hochschule Berlin zusammen. Im Mittelpunkt standen Themen wie Migration, Flucht und die Rolle von Familie – stets mit einem Fokus auf die Perspektive der Adressat*innen und Zielgruppen.
In Neubrandenburg besuchten die Teilnehmenden die Fachstelle Mehrsprachigkeit M-V, die sich für sprachliche Bildung und Teilhabe engagiert, sowie den Familientreff Caribuni, der in einem sozialstrukturell benachteiligten Wohngebiet Gemeinwesenarbeit leistet. In Berlin standen Projekte wie „Stadtteilmütter Neukölln“ und der Jugendmigrationsdienst auf dem Programm – Angebote, die Migrant*innen alltagsnah unterstützen. Die Hildegard-Lagrenne-Stiftung gab zudem Einblicke in ihre Arbeit gegen die rassistische Diskriminierung gegen Sinti und Roma.
Auf lokalen Spuren von Geschichte – Von Alt Rehse bis nach Kreuzberg
Ein Schwerpunkt des Projektes lag auf dem Besuch von Erinnerungs- und Gedenkorten als Ausdruck des historischen wie des aktuellen soziokulturellen Selbstverständnisses von Gesellschaften. Ein Besuch der Gedenkstätte Alt Rehse machte die ideologische Schulung von Gesundheitsberufen im Nationalsozialismus sichtbar und regte zur kritischen Reflexion an. Zwischen 1935 und 1941 wurden hier etwa 10.000 bis 12.000 Ärzte, Apotheker, Hebammen und andere Beschäftigten im Gesundheitswesen „weltanschaulich geschult“. Im Dokumentationszentrum Flucht, Vertreibung, Versöhnung in Berlin lernten die Teilnehmenden mehr über Ursachen und Folgen von Fluchtbewegungen – historisch wie aktuell.
Zwei City Walks gaben dem Programm eine besonders persönliche Note. Organisiert von querstadtein – Für eine Welt ohne Ausgrenzung e. V. wurde eine Gruppe durch ein Viertel in Prenzlauer Berg geführt. Dort erfuhren die Teilnehmenden mehr über die Geschichte eines queeren russisch-ukrainischen Paares und ihrer Flucht von Moskau nach Berlin. Die Tour „Queere Liebe in Zeiten des Krieges“ thematisierte Handlungsmöglichkeiten von queeren Menschen, die im Zuge des russischen Angriffskriegs Russland und die Ukraine aufgrund zunehmender Verfolgung verlassen mussten und müssen. Die zweite Stadttour führte durch Kreuzberg und thematisierte das Leben eines politischen Geflüchteten aus Gambia. Ein politischer Aktivist, Fotograf und Streetworker, der aus politischen Gründen Gambia verlassen musste, führte unter dem Titel „Kreuzberg behind the Scenes: The Making of a Diverse Neighbourhood“ eine zweite Gruppe durch „sein“ Kreuzberg. Beide City Walks zeigten, wie vielfältig die Realität in einer postmigrantischen Gesellschaft ist. Auch wurde die Eingebundenheit Sozialer Arbeit in diese postmigrantischen Normalitäten deutlich.
Gemeinsamer Abschluss mit Blick nach vorn
Zum Abschluss trafen sich die Teilnehmer*innen an der Evangelischen Hochschule Berlin, um Erfahrungen zu reflektieren und Ideen für das nächste BIP im Mai 2026 in Lahti (Finnland) zu sammeln. Besonders hervorzuheben ist das Engagement der Studierenden der gastgebenden Hochschulen, die das Programm aktiv mitgestaltet haben.
Prof.in Dr.in Stefanie Sauer, Evangelische Hochschule Berlin
Prof.in Dr.in Júlia Wéber, Hochschule Neubrandenburg
Daniela Zorn, Institut für Weiterbildung an der Hochschule Neubrandenburg