Medizinische Geschichte hautnah erleben - Exkursion in das Berliner Medizinhistorische Museum der Charité

Vierzehn Personen sitzen in einer reichlich verzierten mehrstöckigen Empore. In der mittleren Etage sitzen sechs Personen, in der unteren Etage sitzen acht Personen. Alle lächeln freundlich in die Kamera.
Die Studierenden und testen, zusammen mit den beiden begeitenden Professorinnen, die Bänke im Anatonischen Theater. Foto: S. Kämper
Zu sehen ist ein Ausstellungsraum, in dem sich eine sogenannte Eiserne Lunge befindet. Diese ist körpergroß und erinnert in der Form an ein U-Boot. Schautafeln im Vordergrund scheinen über Funktion und Historie des Geräts aufzuklären.
Der letzte Mensch, der mit einer Eisernen Lunge lebte, verstarb im vergangenen Jahr. Der US-Amerikaner Paul Alexander lebte über 70 Jahre lang in dem „Eisernen Fass“. Foto: S. Kämper
 Eine wahrscheinlich aus Metall bestehende Plastik steht vor einer roten Backsteinwand. An dieser befindet sich ein silbernes Schild mit Informationen. Die Plastik selbst besitzt einen Kopf, einen angedeuteten Oberkörper und steht auf einem stabförmigen Gebilde. Das Werk steht für die Medizinerin Rahel Hirsch.
Sie war die erste Medizinerin in Deutschland, die den Professorentitel verliehen bekam. Rahel Hirsch wird mit einer Plastik auf dem Charité-Gelände geehrt. Foto: S.Kämper

Begleitet wurden sie von Professorin Stefanie Kämper und Professorin Melanie Jagla-Franke. Ziel war der traditionsreiche Campus Mitte der Charité – ein Ort, an dem Wissenschaft, Geschichte und Gesellschaft auf eindrucksvolle Weise miteinander verschmelzen. 

300 Jahre Medizin – Wie man früher Leben rettete

Martin Kramß, Guide des Berliner Medizinhistorischen Museums (bmm), begeisterte die Gruppe mit einer pointiert-humorvollen Führung, die durch Tiefgang und lebendige Erzählkunst überzeugte – eine eindrucksvolle Reise durch die Dauerausstellung und das historische Gelände der Charité. Dabei erhielten die Studierenden Einblicke in drei Jahrhunderte der Medizingeschichte, besichtigten u. a. die älteste menschliche Präparatesammlung Rudolf Virchows, die anatomische Strukturen und pathologische Veränderungen dokumentiert. 

Die „Eiserne Lunge“, ein medizinisches Gerät zur Behandlung von Polio-Patient*innen aus dem Jahr 1948, veranschaulichte den Fortschritt der Medizintechnik. Die Ausstellung bot zudem einen Überblick über historische Instrumente der Diagnostik und Therapie sowie die Entwicklung medizinischer Erkenntnisse seit dem frühen 18. Jahrhundert. 

Mauern, Medizin, mutige Frauen

Die anschließende Führung über das Gelände der Charité offenbarte Facetten der Berliner Stadtgeschichte und des Universitätsklinikums. Neben Überresten der mittelalterlichen Stadtmauer stießen die Teilnehmenden auf das älteste erhaltene akademische Lehrgebäude Berlins - das Anatomische Theater der ehemaligen Tierarzneischule. 

Eine Wegbegleiterin der modernen Medizin wird auf dem Gelände durch eine Plastik geehrt. Im Jahr 1913 wurde Rahel Hirsch als erster Frau im Königreich Preußen ein Professorentitel in Medizin verliehen – ein Meilenstein in der akademischen Geschichte. Ihre Laufbahn wurde 1938 durch das nationalsozialistische Regime abrupt beendet: Ihre Approbation wurde entzogen, sie musste Deutschland verlassen und emigrierte nach England. Dieses Denkmal steht sinnbildlich für die Brüche in der Wissenschaftsgeschichte und mahnt zur Auseinandersetzung mit gesellschaftlicher Verantwortung und Erinnerungskultur.


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