Wir haben uns ein Denkmal gesetzt – und das schon zu Lebzeiten!

Oberbürgermeister Silvio Witt, Hochschulrektor Gerd Teschke und Karsten Heilmann vor der Mosaikwand. Foto: Jens Habeck
Hochschulrektor Gerd Teschke und Oberbürgermeister Witt erkunden die Feinheiten der Mosaikwand. Foto: Jens Habeck

Zu diesem denkwürdigen Anlass begrüßte Hochschulrektor Gerd Teschke Neubrandenburgs Oberbürgermeister Silvio Witt und Karsten Heilmann von der unteren Denkmalschutzbehörde. Witt freute sich besonders über den Entscheid der Behörde, denn die Hochschule ist: „nicht nur ein wichtiger Bildungsstandort, sondern hat auch architektonischen Wert“, so Witt.  

Die Mosaikwand der Hochschule Neubrandenburg entstand nicht durch Zufall, vielmehr ging es um das Idealbild des ganzheitlich gebildeten sozialistischen Menschen. Kunst macht einen wesentlichen Teil dieser Ausbildung aus, weshalb die DDR die Kunst im öffentlichen Raum gefördert hat. Gerade die damals neu geplante Hochschule trat sehr zeitig in den Fokus der Bestrebungen. Für Neubrandenburg war sie damals schon ein Gesellschaftsbau von beachtlichem Umfang.

So bekam das Neubrandenburger Zentrum Bildende Kunst (ZBK) den Auftrag, eine „Konzeption zur bildkünstlerischen Gestaltung“ für die Hochschule zu entwerfen. Eine Gemeinschaft aus den Künstler*innen Falko Behrendt, Gunter Bernhardt, Andreas Homberg sowie Karlheinz Wenzel, Reinhard Kranz, Uwe Maroske und Wolfram Schubert wurden mit der Aufgabe betraut. An oberster Stelle stand die gesellschaftspolitische Aufgabenstellung, die künstlerischen Arbeiten in die Gesamtbauleistung harmonisch zu integrieren. Synergien aus Kunst und Architektur herauszuarbeiten, mithilfe verwandter Bereiche wie der Gartenkunst, Design oder dem Kunsthandwerk. Unter eben diesen Gesichtspunkten entstand auch die Mosaikwand der Hochschule Neubrandenburg als ein Teilprojekt. Andere Teilprojekte dieses Vorhabens waren zum Beispiel zwei großformatige Gemälde für das Foyer oder eine hölzerne Wandgestaltung in der Mensa.

Das Themenspektrum aller Teilprojekte, so auch die Keramikwand, umfasste die zeitgemäße Interpretation regionaler Einflüsse. Hierbei ging es nicht um offensichtliche Propaganda, sondern der Darstellung des sozialen und volkstümlichen. Um dieses Vorhaben umzusetzen, kam eine sehr große Bandbreite an Materialien und künstlerischen Ausdrucksformen zum Einsatz.

Die Mosaikwand in der Hochschule Neubrandenburg erstreckt sich über zwei Etagen und umfasst drei über Eck verbundene Wände. 3200 handgefertigte Terrakottaplatten bilden das Gerüst der Wand. Jedoch sehen diese nicht alle gleich aus. Vielmehr handelt es sich um: „Unikate, denn jede Platte ist handgefertigt“, so Hochschulleiter Gerd Teschke in der Eröffnungsrede. Neben der Farbe Terrakotta stechen vor allem grün, blau und grau heraus. Das künstlerische Thema heißt „Mecklenburg“, unter anderem symbolisiert durch terrakottafarbene Steine. Sie spiegelt die traditionelle Backsteinbauweise aus Mecklenburg-Vorpommern wider, wie sie an Kirchen oder Stadttoren im ganzen Land zu finden ist. Eine weitere Dimension erschließt sich durch unterschiedliche Glasuren einzelner Steine, welche auch wieder auf die Backsteine im Kirchenbau hinweist, um nur einen Themenbezug zu nennen.

Das Teilprojekt Mosaikwand lag bei den Künstler*innen Falko Behrendt, Andreas Homberg, Barbara Löffler und Uwe Maroske. Durch unterschiedliche Gestaltungsmotive und Brenntechniken spiegelten die Künstler*innen ihre verschiedenen Genres und ganz persönlichen Handschriften in dem Kunstwerk wider. Barbara Löffler widmete sich in ihrer Arbeit der heimischen Natur und modellierte Laubblätter auf die Terrakottaplatten. Unter anderem sind auch Lindenblätter zu finden, welche an der Hochschule Neubrandenburg eine lange Tradition haben. Noch heute findet man rings um das Hauptgebäude die ein oder andere Linde. Uwe Maroske modellierte figürliche Reliefs wie den Körper einer Frau. Die linearen Elemente, bestehend aus verschiedenen Farbstreifen und Reliefs wurden von Falko Behrendt und Andreas Homberg realisiert. Jedoch ist nicht nur das Aussehen besonders, auch die Brenntechnik ist hervorzuheben. Ein Viertel der Platten wurden durch Raku-Brand gefertigt. Diese spezielle Technik führt unter anderem zu unvorhersehbaren Rissen auf der Oberfläche, was den besonderen Charme und Einzigartigkeit jeder Platte hervorhebt.

Bevor das Gesamtkunstwerk am 20.12.1989 übergeben werden konnte, mussten die Künstler*innen ihre Werke jedoch erst zusammenführen. Um aus den drei Einzelwerken eine Gesamtkomposition zu erstellen, legten die Künstler*innen in der Turnhalle alle 3200 Platten aus. So erschufen sie die heut unter Denkmalschutz gestellte Mosaikwand der Hochschule Neubrandenburg. 

Abschließend gab Teschke bekannt, dass die Kunst an der Hochschule Neubrandenburg und allgemein im öffentlichen Raum sichtbarer werden muss. Deshalb ist für die Hochschule Neubrandenburg ein Kunst-Guide geplant. Also ein Überblick über alle Kunstwerke der Hochschule, damit Interessierte die Möglichkeit haben, die Werke zu erkunden. In welchem Medium, digital oder analog, dieser Guide erscheint, steht noch nicht fest. Fest steht nur, dass der Denkmalschutz für die Mosaikwand ein Schritt in die richtige Richtung ist.


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