Chausseehaus Brustorf

Abb. 1 Grundrisse und Querschnitt des Chausseehaus Brustorf.
Abb. 2 Das Chausseehaus in Brustorf in den 1930er Jahren.

Eine erste Erwähnung findet das Chausseehaus Brustorf im Schweriner Staatskalender von 1857. Demnach erhob ein Johann Friedrich Hagemann an der Hebestelle Brustorf für zwei Meilen von Neustrelitz nach Penzlin die Gebühr. Das Chausseehaus muss also bereits vor 1857 errichtet worden sein. Zum Gehöft gehörten ein Wohnhaus, ein Stall mit Anbau, eine Wasserpumpe und der Hof. Es befand sich etwas außerhalb von Brustorf, dort „wo in der Besatzungszeit der Weg zum Verladebahnhof der Sowjetarmee von der Straße abzweigte, also auf der Brustorfer Feldmark“ (Krull 2019: 51). 1858 wurde die neue Chaussee zwischen Neustrelitz und Penzlin fertiggestellt, deren Verlauf heute noch durch die B193 nachvollziehbar ist. Das Gebäude befand sich an einer Ecke, an dem sich die B193 mit der Bahnstrecke 6325 (Neustrelitz - Warnemünde) kreuzt. Zur damaligen Zeit befand sich dort die Landesgrenze. Das Gehöft wurde zunächst von Mecklenburg-Strelitz unterhalten.

Zwischen 1869 und 1890 wurde das Gebäude durch den Einnehmer Buschow und den Chausseewärter Haerer (auch Heerer) bewohnt. Für den Einnehmer Buschow gab es vermutlich keinen Nachfolger, da Ende des 19. Jahrhunderts für viele Transporte und Reisen bereits die Eisenbahn genutzt wurde. Aus dem Großherzoglichen Regierungsblatt von Mecklenburg-Schwerin aus dem Jahr 1897 geht hervor, dass die Chaussee von Penzlin nach Neustrelitz von 1897 an vom Schwerinschen Innenministerium verwaltet wurde. Somit entfiel die Erhebung von Chausseegeld für das Befahren der Straße. Statt der Chausseearbeiter wohnten ab diesem Zeitpunkt vorübergehend Forstarbeiter im Haus.

Aus einem überlieferten Bericht der Brustorfer Försterstochter Hinrichs geht hervor, dass das Gebäude bis 1945 in gutem Zustand war und durch zwei Familien, die Straßenwärter-Familie Tramm im Erdgeschoss und das Ehepaar Klotz im Obergeschoss, bewohnt wurde. 1945 musste das Gebäude jedoch geräumt werden, da es von der Roten Armee als Beobachtungsposten für die stationierten Truppen und zur Kontrolle der Passanten benötigt wurde:

„Beide Familien mussten bald das Haus verlassen, die Rotarmisten brauchten den Bau als Beobachtungsposten für die Truppen, die parallel zur Straße in Erdbunkern untergebracht waren. Die Posten kontrollierten die Passanten, wir brauchten einen Passierschein […]. Die Soldaten konnten die Scheine nicht lesen, da sie deutsch geschrieben waren. Um bessere Übersicht zu haben, brachen die Posten Dachziegel heraus, der weitere Verfall ging rasch. Die Pumpe stand auch nicht mehr lange.“ (Hinrichs, 1945)

Als das Gebäude schließlich leer stand, trugen Neustrelitzer nach und nach Baumaterial von der Ruine ab, um Schäden an ihren eigenen Häusern auszubessern oder diese auszubauen. Wann die letzten Reste des Chausseehauses verschwanden ist unbekannt. Heute erinnert nichts mehr an den ehemaligen Standort mecklenburgischer Verkehrsgeschichte.

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Quellen

Abbildung 1: Archiv der Straßenmeisterei Neustrelitz.

Abbildung 2: Privatarchiv Krull. Foto erhalten von Werner Dunker.

Hinrichs, Gitta: Auskünfte zum ehemaligen Chausseehaus Brustorf 1945.

Inventarium der Chaussee von Neustrelitz nach Penzlin. Archiv der Straßenmeisterei Neustrelitz, S.6.

Ißleib, D., Koglin, I., Klein, L. & M. Jähn 2021: Krüge. In: Hochschule Neubrandenburg, Studiengang Naturschutz und Landnutzungsplanung. Projektbericht Historische Kulturlandschaftselemente als Zeugnisse des Landschaftswandels. Neubrandenburg: 56‒60.

Krull, G. 1999: Als in den Chausseehäusern noch kassiert wurde. In: Strelitzer Zeitung (Nordkurier) vom 24.3.1999.

Krull, G. (2019): Das Chausseehaus in Brustorf. In: Klein Vielen e.V. – Leben zwischen Lieps und Havelquelle (Hrsg.). Dorfzeitung. Zwischen Lieps und Havelquelle. Nr. 10 (2019). Steffen Media, Friedland. S. 50-53. Link zur Ausgabe. Letzter Zugriff: 21.09.2021.