Vorstellung des Projektgebietes

Lage des Projektgebietes und seine Einwohnerzahlen

Das etwa 160 km² große Projektgebiet des Reallabors Landschaft befindet sich im Städtedreieck Neubrandenburg, Neustrelitz und Waren. Es umfasst von Westen nach Osten namentlich die vier Gemeinden Kratzeburg (55,5 km²), Klein Vielen (45,6 km²), Hohenzieritz (20,5 km²) und Blumenholz (41,3 km²) im Landkreis Mecklenburgische Seenplatte (Abb. 1).

Abb. 1 Lage des Projektgebietes

In der Projektregion lebten Mitte des Jahres 2022 (Stand: 30.06.) etwa 2.422 Menschen, wobei die Gemeinde Blumenholz mit 781 die meisten Einwohner (EW) aufweist, gefolgt von der flächenmäßig etwas größeren Gemeinde Klein Vielen mit 632 EW, der größten Gemeinde Kratzeburg mit 559 EW und der kleinsten Gemeinde Hohenzieritz mit 450 EW (LAiV-MV 2022). Die Projektregion ist mit einer Bevölkerungsdichte zwischen 12 und 22 EW pro km² selbst für mecklenburg-vorpommersche Verhältnisse dünn besiedelt. Der Landkreis weist mit einer Bevölkerungsdichte von 47 EW/km² (Statista 2022 a) den zweitniedrigsten Wert des Bundeslandes auf (2021: 69 EW/km²; Statista 2022 b). Bereits seit der Erstbesiedelung der Region im 6. Jahrhundert kam es u.a. wegen klimatischer Veränderungen oder kriegwiederischen Auseinandersetzungen wiederholt zu Ab- und Zuwanderungen. Mit dem Ende des Zweiten Weltkriegs kamen zahlreiche Flüchtlinge nach Mecklenburg und die Einwohnerzahlen erreichten 1950 mit etwa 4.006 Einwohnerinnen in den vier Gemeinden ihren Höchststand. Seither sinken die Zahlen, wenn auch mit kurzzeitigen Unterbrechungen, stetig. Die Entwicklung der Einwohnerzahlen in den letzten 200 Jahren kann hier nachvollzogen werden.

Geologie und naturräumliche Gliederung

Die Landschaft Mecklenburg-Vorpommerns ist maßgeblich durch die Weichsel-Kaltzeit geprägt. Anhand von drei hierarchischen Ebenen der naturräumlichen Gliederung (Landschaftszone, Großlandschaft, Landschaftseinheit) soll hier das Landschaftsbild der Projektregion skizziert werden. Im Norden des Projektgebietes erstreckt sich eine wellige bis kuppige Grundmoränenlandschaft, die der Landschaftszone „Rückland der Mecklenburgischen Seenplatte“ (3) zugeordnet wird. Sie zeichnet sich u.a. durch die Flusstäler der Tollense und Peene, kleinere eiszeitliche Gebilde sowie Endmoränen in Randgebieten aus (Abb. 2 & 3). Durch die Verzahnung der morphogenetischen Formen entsteht in der Großlandschaft „Oberes Tollensegebiet“ (32) eine vielfältige Landschaft, die den Landschaftseinheiten „Kuppiges Tollensegebiet mit Werder“ (320) und „Tollensebecken mit Tollense- und Datzetal“ (321) zugeordnet wird (Abb. 2). Die Landschaft dieser beiden Landschaftseinheiten wird eindrucksvoll in den sechs Naturschutzgebieten (NSG) der drei östlichen Projektgemeinden abgebildet: Klein Vielener See, Ziemenbachtal, Hellberge, Nonnenhof, Nonnenbachtal und Rosenholz und Zippelower Bachtal. 

Die Gemeinde Kratzeburg sowie kleinere Teile im südlichen Bereich der drei anderen Projektgemeinden gehören der Landschaftszone „Höhenrücken und Mecklenburgische Seenplatte“ (4) an, welche mit seinen inneren und äußeren Hauptendmoränen des Pommerschen Stadiums (vgl. Abb. 3, W2) und der Frankfurter Eisrandlage der Weichsel-Kaltzeit die Sandergebiete mit zahlreichen Seen und ausgedehnten Waldflächen umschließt. Sie bilden mit einer Höhe von 40 bis 80 Metern ü. NN. die Hauptwasserscheide zwischen Nord- und Ostsee.

Die untergeordnete Großlandschaft Neustrelitzer Kleinseenland (42) und gleichnamige Landschaftseinheit (420) weist eine Vielzahl kleiner, meist langgestreckter Rinnen- oder Flussseen, die in sandigen Becken eingefasst sind, auf. Die Landwirtschaft spielt insbesondere im nördlichen Teil dieser Landschaftseinheit eine untergeordnete Rolle. Stattdessen dominieren auf den Regosolen und Sandersanden (Abb. 4) Wald und Heidevegetation. Die vorherrschenden (Para-)Braunerden in den drei Gemeinden Klein Vielen, Hohenzieritz und Blumenholz begünstigen hingegen den Ackerbau, obwohl die Böden mitunter sehr heterogen und steinig sind. Das Landschaftsbild in Kratzeburg wird neben den o.g. Merkmalen durch den insgesamt 322 km² großen Müritz-Nationalpark geprägt, der maximal eine extensive Bewirtschaftung der Flächen erlaubt und dazu beiträgt, dass die Landschaft als Erholungsraum erhalten und entwickelt wird.

Geschichtlicher Überblick

Bereits im 6. Jhd. siedelten zwischen dem Tollensesee und der Müritz westslawische Volksstämme. Mit der Ostexpansion der Deutschen endete die slawische Herrschaft. Nicht nur umfangreiche Rodungsaktivitäten für die Rohstoff- und Flächengewinnung, sondern auch die die Anlage von Gutswirtschaften im 17. Jhd. (s. dazu Eigentumsgeschichte, Siedlungsgeschichte) veränderten die landschaftlichen Strukturen. Ab 1701 prägten zwei (Groß-)herzogtümer, deren Grenzmarkierungen teilweise noch heute in der Landschaft sichtbar sind, die Region. Auf der Grundlage des Reichssiedlungsgesetzes von 1919 entstanden in den beiden Freistaaten, die 1934 unter dem Druck des NS-Regimes zu Mecklenburg vereint wurden, zahlreiche Neusiedlerstellen, um unter anderem der Landflucht nach dem Ersten Weltkrieg entgegenzuwirken. Auf die politisch-administrative Entwicklung in der Region wird hier detailliert eingegangen.

Legitimiert durch die „Verordnung über die Bodenreform in Mecklenburg-Vorpommern“ wurde 1946 in der der sowjetischen Besatzungszone ein Bodenfond durch Enteignungen z.B. von ehemaligen aktiven NSDAP-Mitgliedern und Großgrundbesitzern gebildet, um das Land im Anschluss an Klein- und sogenannte Neubauern zu vergeben. Die Entwicklungen dieser Phase sind exemplarisch in der Siedlungsgeschichte von Hohenzieritz nachvollzogen.

Abb. 2 Naturräumliche Gliederung in der Mecklenburgischen Seenplatte
Abb. 3 Oberflächengeologie im Projektgebiet
Abb. 4 Bodengesellschaften im Projektgebiet

1952 beschloss die Führung der Sozialistischen Einheitspartei Deutschlands (SED) auf der II. Parteikonferenz die Kollektivierung der Landwirtschaft. Infolge dessen entstanden zunächst einzelne Landwirtschaftliche Produktionsgenossenschaften (LPGen). Die Zwangskollektivierung der Landwirtschaft 1960 führte dazu, dass auch die letzten Einzelbauern einer LPG beitreten mussten und resultierte in großen, intensiv bewirtschafteten Flächen, die das Landschaftsbild bis heute prägen. Als Folge einer Politik, die die Spezialisierung, Kooperation und industriemäßige Produktion verfolgte, schlossen sich 1980 im Projektgebiet zwei große Kooperationen Abteilung Pflanzenproduktion zur LPG Pflanzenproduktion zusammen. Mit der Vereinigung beider deutscher Staaten entwickelte sich daraus die Agrargenossenschaft Luisenhof eG mit vier Tochterunternehmen.

Die „Wende“ mündete für viele Bewohner*innen in Arbeitslosigkeit, Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen (ABM) oder den Vorruhestand. Andere mussten und müssen zu ihren Arbeitsplätzen pendeln. Dies wirkt sich, wie Gespräche mit Zeitzeugen und Zeitzeuginnen zeigen, auf die sozialen Strukturen und den Zusammenhalt im Ort aus. Viele sind daher froh, dass mancherorts kleine Produktionsstätten das Dorf wiederbeleben, oder Vereine, wie der Kulturverein Klein Vielen e.V., Möglichkeiten des gemeinsamen Entdeckens schaffen.


Quellen:

Abbildung 1: Eigene Darstellung. 2020. Kartengrundlage: OpenStreetMap-Mitwirkende (Hrsg.). 2020; Gemeindegrenzen: Landesamt für innere Verwaltung Mecklenburg-Vorpommern Amt für Geoinformation, Vermessungs- und Katasterwesen (Hrsg.). 2007: WFS Digitale Verwaltungsgrenzen M-V (WFS_MV_DVG). Link zur Internetseite. Letzter Zugriff: 04.11.2020.

Abbildung 2: Landesamt für Umwelt, Naturschutz und Geologie Mecklenburg-Vorpommern (Hrsg.) 2011: Gutachterlicher Landschaftsrahmenplan Mecklenburgische Seenplatte (GLRP MS). Erste Fortschreibung, Juni 2011. Textkarten. Link zur Karte. Letzter Zugriff: 23.04.2021. Bearbeitet durch Reallabor Landschaft.

Abbildung 3: Eigene Darstellung. Kartengrundlage: Landesamt für Umwelt, Naturschutz und Geologie Mecklenburg-Vorpommern (Hrsg.). 2017: MV Geologische Karten WMS. Link zur Internetseite. Letzter Zugriff: 23.04.2021. Bearbeitet durch Reallabor Landschaft.

Abbildung 4: Eigene Darstellung. Kartengrundlage: Landesamt für Umwelt, Naturschutz und Geologie Mecklenburg-Vorpommern (Hrsg.). 2017: MV Geologische Karten WMS. Link zur Internetseite. Letzter Zugriff: 23.04.2021. Bearbeitet durch Reallabor Landschaft.

Tabelle 1: Eigene Darstellung. Datengrundlage: Geoportal Landkreis Mecklenburgische Seenplatte (Hrsg.). 2021: Gemeinden* Landkreis Mecklenburgische Seenplatte. Link zur Internetseite. Unter Angabe der entsprechenden Gemeindenamen: Blumenholz, Hohenzieritz, Klein Vielen und Kratzeburg. Letzter Zugriff: 23.04.2021.

Behrens, H. 2020: 850 Jahre Klein Vielen - ein historischer Abriss. In: Klein Vielen e.V. – Leben zwischen Lieps und Havelquelle (Hrsg.). Dorfzeitung. Zwischen Lieps und Havelquelle. Nr. 11 (2020). S. 3-34. Link zur Dorfzeitung. Letzter Zugriff: 04.11.2020.

Bundesamt für Naturschutz (Hrsg.) 2012: Landschaftssteckbrief – 75500 Neustrelitzer Kleinseenland. Link zur Internetseite. Letzter Zugriff: 23.04.2021.

LAiV-MV (Landesamt für innere Verwaltung Mecklenburg-Vorpommern) (Hrsg.): „Bevölkerungsstand der Kreise, Ämter und Gemeinden in Mecklenburg-Vorpommern“ für die Jahre 1990–2022.

Landesamt für Umwelt, Naturschutz und Geologie Mecklenburg-Vorpommern (Hrsg.) 2011: Gutachterlicher Landschaftsrahmenplan Mecklenburgische Seenplatte (GLRP MS). Erste Fortschreibung, Juni 2011. Link zum Bericht. Letzter Zugriff: 23.04.2021.

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