Lloyd-Bahn

Abb. 1 Die Strecke der Lloyd-Bahn von Neustrelitz nach Warnemünde. Inzwischen mit teils veränderter Streckenführung.
Abb. 2 Der Streckenausschnitt der Lloyd-Bahn vom Ende der 1880er Jahre zeigt das Forst- und Bahnwärterhaus Friederikenkrug.
Abb. 3 Das Bahnhofsgebäude von Klockow. Viele Gebäude an der Lloydbahn wurden in ähnlicher Weise errichtet.
Abb. 4 Der alte Bahndamm in der Nähe von Kratzeburg.
Abb. 5 Der aufgeschüttete Bahndamm in Höhe der Wüstung Friederikenkrug.

Als „Lloyd-Bahn“ wird die Bahnstrecke zwischen Neustrelitz und Rostock-Warnemünde bezeichnet, die - mittlerweile zwar mit geänderter Trassenführung- durch das Projektgebiet zwischen Lieps und Havelquelle führt. Der Bau der Strecke startete im Februar 1884 von Waren und Neustrelitz aus. Diskutiert wurde die Verbindung aber bereits 1877 bei der Eröffnung der preußischen Berliner Nordbahn, die Berlin über Neustrelitz mit Stralsund verband. Eine zusätzliche Verbindung nach Rostock sollte die Fahrzeit von Berlin nach Skandinavien verkürzen. Für das Vorhaben fand sich jedoch zunächst kein Kapitalgeber.

Das änderte sich im Jahr 1983 mit der Gründung der Gesellschaft „Deutsch-Nordischer Lloyd, Eisenbahn- und Dampfschiffs-Aktien-Gesellschaft“, kurz „Lloyd-Bahn“, mit Sitz in Rostock. Bei der Gesellschaft handelte es sich um eine Tochtergesellschaft der belgischen Gesellschaft „Société Belge de chemins de fer“. Diese übernahm Bauausführung und Finanzierung der Strecke und die Großherzogtümer stellten die benötigten Konzessionen, das Land und einen Teil der Kosten zur Verfügung. Belgien war zu dieser Zeit Vorreiter im Bereich Eisenbahn und schuf letztendlich als erstes Land in Kontinentaleuropa ein zusammenhängendes Eisenbahnnetz.

Ziel des Vorhabens war die Verbesserung des Personen- und Warenverkehrs zwischen Deutschland und Skandinavien, insbes. Dänemark, mittels Schaffung der schnellsten Eisenbahnverbindung zwischen Berlin und dem Hafen in Rostock Warnemünde. Der Hafen sollte ausgebaut und eine regelmäßige Schiffsverbindung zu einem skandinavischen Hafen eingerichtet werden. Bis dato betrug die Reisezeit von Berlin nach Kopenhagen über Hamburg oder Stralsund 17 bzw. 20 Stunden. Mit Inbetriebnahme der neuen Verbindung sollte diese auf etwa 12 Stunden verkürzt werden.

Als Frist für die Fertigstellung waren 5 Jahre festgelegt. Da die Baukosten von zunächst rund 31 Millionen Mark nicht aufgebracht werden konnten, wurde der Umfang der Bauarbeiten durch Einsparungen reduziert. Unter anderem wurde die Strecke nur eingleisig ausgeführt. Entlang der Strecke wurden einige der Stationen repräsentativ gestaltet. Dazu zählten die Bahnhöfe in Waren an der Müritz, Lalendorf, Plaaz und Laage. An Straßenübergängen wurden Wärterhäuser mit Wohnungen für zwei Familien eingerichtet, die heute noch existieren. Insgesamt befanden sich auf dem Gebiet des Herzogtums Mecklenburg-Strelitz nur 13,1 km Streckengleis, in Mecklenburg-Schwerin waren es dagegen 112,5 km.

Zu Bauverzögerungen kam es beispielsweise aufgrund schwieriger Bodenverhältnisse bei Kratzeburg oder Schwierigkeiten bei der Trassenfindung im Bereich Waren. Die größte bautechnische Herausforderung war die Errichtung der 4,5 km langen Brücke über die Warnow. In Rostock musste ein eigener Bahnhof für die Lloyd-Bahn errichtet werden, der nach und nach den gesamten Rostocker Bahnverkehr aufnahm und 1896 zum Hauptbahnhof der Stadt wurde. Von Neustrelitz aus führte die Trasse in Richtung Zierke und dann durch Flachmoore und Endmoränenlandschaft, teilweise parallel zum alten Postweg (heute auch alte Landstraße genannt) nach Kratzeburg.

Bereits nach zweijähriger Bauzeit wurde am 1. Juni 1886 die 113 km lange Strecke bis Rostock für den Güterverkehr und 10 Tage später für den Personenverkehr eröffnet. Ab 1. Juli konnte auch die Reststrecke bis Warnemünde (13 km) befahren werden und die Dampfschiffslinie von Warnemünde nach Gedser ging in Betrieb. Von dort aus ging es mit der Bahn – auch auf einer neu eingerichteten Strecke - weiter nach Kopenhagen. Ende Juni 1886 fand in Rostock auch eine große Eröffnungszeremonie statt, obwohl die Bauarbeiten (z.B. an den Stationen) zu diesem Zeitpunkt noch nicht abgeschlossen waren. Im Jahr 1893 wurde die „Lloyd-Bahn“ dann verstaatlicht, die damalige Landesregierung des Großherzogtums Mecklenburg-Schwerin übernahm die Aktien von der Deutsch-Nordischen Lloyd. Die Bahn wurde in die Großherzoglich Mecklenburgische Friedrich-Franz-Eisenbahn (MFFE) eingegliedert. Der Name „Lloyd-Bahn“ blieb weiterhin bestehen.

Nach Ende des Zweiten Weltkrieges wurde im Zuge der Reparationsleistungen an die Sowjetunion die Strecke zwischen Neustrelitz über Waren und Lalendorf nach Plaaz bei Güstrow demontiert. Die Züge mussten so den Umweg über Neubrandenburg, Malchin und Teterow nehmen. Der Wiederaufbau der Strecke war aufgrund der Bedeutung besonders für den Güterverkehr in Richtung des neuen Rostocker Überseehafens unumgänglich. So begann 1959 der Neubau der Eisenbahnstrecke von Neustrelitz über Waren nach Lalendorf, die 1961 wieder befahrbar war. Dafür wurde der Streckenverlauf im Projektgebiet zwischen Lieps und Havelquelle allerdings nach Norden verlegt. Die ursprüngliche Strecke trennte sich bald hinter dem Bahnhof Neustrelitz von der Nordbahn und führte auf geradem Weg nach Kratzeburg. Grund für die Nordverlegung der Streckenführung war, dass auf einem Teilstück der alten, nach 1945 abgebauten Trasse mittlerweile ein Militärgelände der sowjetischen Armee eingerichtet worden war. Die neue Trasse ist ca. 1,7 km länger als die ursprüngliche.

Die alte Trasse ist heute noch gut im Wald des Müritz-Nationalparks zwischen Kratzeburg und Adamsdorf erkennbar. Mehr zur Veränderung der Landnutzung im Bereich Kratzeburg finden sich in folgendem Beitrag.

 

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Quellen

Abbildung 1: Academic (Hrsg.) 2021: Streckenverlauf. Link zum Bild. Letzter Zugriff: 08.10.2021.

Abbildung 2: Universität Rostock, Agrar- und Umweltwissenschaftliche Fakultät, Projekt Virtuelles Kulturlandschaftslaboratorium, Kartenausschnitt aus Messtischblatt 1888.

Abbildung 3: Academic (Hrsg.) 2021: Bahnhofsgebäude von Klockow. Link zum Bild. Letzter Zugriff: 08.10.2021.

Abbildungen 4 und 5: Privatarchiv Matecki, U. 2021.

Klein Vielen e.V. – Leben zwischen Lieps und Havelquelle (Hrsg.): Lloyd-Bahn. Link zum Beitrag. Letzter Zugriff: 05.10.2021.

Schutz, L. 2010: Die Lloyd-Bahn Neustrelitz – Rostock – Warnemünde. Berlin.

Wikipedia, Die freie Enzyklopädie (Hrsg.). 2021: Bahnstrecke Neustrelitz–Warnemünde. Link zum Beitrag. Letzter Zugriff: 08.10.2021.