Entwicklung von forst- und landwirtschaftlich genutzten Flächen in der Gemeinde Kratzeburg

Am deutlichsten zeigt sich der Landnutzungswandel der letzten rund 150 Jahre beim Verhältnis von Wald-, Acker- und Grünlandflächen. Während Ackerflächen im Messtischblatt (MTB) noch etwa ein Drittel der Gemeindefläche ausmachten, beträgt ihr Anteil 2017 nur noch etwa sechs Prozent, wohingegen sich der Grünlandanteil etwa vervierfacht hat und der Waldanteil um die Hälfte seiner Ursprungsfläche angestiegen ist (s. Tab. 1). Eine Umwidmung von Acker- zu Grünland erfolgte vor allem in einer von Nordost nach Südwest verlaufenden Schneise von Pieverstorf über Kratzeburg und Dalmsdorf bis nach Granzin sowie im Süden der Gemeinde (vgl. Abb. 1 & 2). Ein Grund für diese Entwicklung könnten die sandigen Böden sein, die sich für den Ackerbau nur bedingt eignen. Die Weidenutzung wird in der Gemeinde nach Standards des ökologischen Landbaus in extensiver Form betrieben.

Im Vergleich zum ausgehenden 19. Jahrhundert hat sich der Wald insbesondere westlich von Dambeck sowie südlich des Käbelicksees in Richtung Pagelsee ausgebreitet. Dies ist vor allem auf die massive Aufforstung nach dem zweiten Weltkrieg zurückzuführen, bei der „(…) brach liegende Splitterflächen, Randsteifen und auch die nach der Bildung der Landwirtschaftlichen Produktionsgenossenschaften zunehmend aus der Nutzung gelassenen Äcker mit Kiefern aufgeforstet [wurden]“ (Meßner 2009: 87), um eine industriegerechte Rohholzproduktion aufzubauen. Bereits vor dem Krieg wurden kleine Flächen durch den Reichsarbeiterdienst aufgeforstet, nachdem 1934 bei einem Brand rund 2.000 ha Kiefernwald zwischen Klockow und Krienke zerstört worden waren. Ein Großteil dieser Brandflächen blieb jedoch sich selbst überlassen und wurde nach dem Krieg von der sowjetischen Armee als Truppenübungsplatz genutzt. Heute deuten nur noch ca. 65 ha Heideland, die der Kategorie Grünland zugeordnet wurden, auf eine ehemals intensive Nutzung des Gebietes hin. Auf der übrigen Fläche haben sich bereits Kiefern angesiedelt. Der Großteil der Heidefläche befindet sich westlich von Granzin und zwei kleinere Teile liegen von dort ausgehend in nordwestlicher Richtung an der Gemeindegrenze. Auf dem ehemaligen Fahrschul- und Testgelände der sowjetischen Armee zwischen Granzin und Henningsfelde, dessen Erreichbarkeit damals durch den Bau zweier Brücken über die Havel (zwischen Granzin und der Granziner Mühler) verbessert wurde, hat sich ebenfalls bereits Wald entwickelt. Auch im Osten der Gemeinde und westlich von Dambeck hat der Wald einen deutlichen Zuwachs erfahren.

Abb. 1: Landnutzung in der Gemeinde Kratzeburg in den 1880ern

Durch die Ausweisung des Müritz-Nationalparks 1990 wird der Wald in weiten Teilen inzwischen einer eingriffsfreien Entwicklung überlassen, was zur Aufhebung der schachbrettartigen Parzellierung des Forstes und einer Nutzungsaufgabe von Waldwegen beiträgt (Abb. 2). Obwohl die Waldfläche um 1884 nur etwa zwei Drittel der heutigen entsprach, existierten damals mehr Waldwege als heute. Insbesondere die zahlreichen geschwungenen Wege innerhalb der einzelnen Parzellen sind verschwunden. Eine Vielzahl der ehemaligen Waldwege führten in den 1880er Jahren noch über die Bahngleise. Heute existieren in der Gemeinde mit der Dorfstraße in Kratzeburg sowie der Straße von Kratzeburg in Richtung Dalmsdorf lediglich zwei Bahnübergänge. Auch die Bahntrasse wurde in Teilen verlegt, da sich in den 1960er Jahren, beim Wiederaufbau der 1945 abgebauten Trasse, auf einem Teilstück zwischen Kratzeburg und Neustrelitz ein Militärgelände der sowjetischen Armee befand. Entlang der ehemaligen Trasse südlich des Schulzsees befindet sich nun ein Waldweg, während die neue in einem weiten Bogen nördlich des Sees verläuft (vgl. Abb. 1 & 2). Eine kurze Zusammenfassung der Geschichte der Lloyd-Bahn kann hier nachgelesen werden. 

Abb. 2: Landnutzung in der Gemeinde Kratzeburg im Jahr 2017

Über die Entwicklung von Nutzungskategorien mit linienhaften Strukturen wie Fahr- und Gehwege sowie Fließgewässer lassen sich kaum verlässliche Aussagen treffen, da die Linien im MTB für ungeübte Betrachter teilweise schwer zu erkennen bzw. zuzuordnen sind und daher nicht vollständig digitalisiert wurden. Darüber hinaus erscheint es rückblickend sinnvoller, solche Strukturen nicht als Flächen, sondern als Linien zu digitalisieren, da die Linienbreite im MTB einerseits keine Auskunft über die tatsächliche Breite z.B. des Weges gibt und andererseits eine derart präzise manuelle Digitalisierung unmöglich ist. Das Nachzeichnen der Linien würde aber zumindest einen Vergleich der Längenverhältnisse ermöglichen. Trotz der geringen Aussagefähigkeit der ermittelten Flächenangaben werden sie der Vollständigkeit halber in der Tabelle 1 aufgeführt.

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Quellen

Abbildung 1: Studienarchiv Umweltgeschichte an der Hochschule Neubrandenburg, Planarchiv. Topografische Karte 1:25.000, Nr. 2543 & Nr. 2643 (aktualisiertes Messtischblatt 1884). [Kartenausschnitt Gemeinde Kratzeburg: Erstbearbeitung durch J. Graf (2020), Überarbeitung durch Reallabor Landschaft (2021)].

Abbildung 2: Landesamt für innere Verwaltung Mecklenburg-Vorpommern. Amt für Geoinformation, Vermessungs- und Katasterwesen (Hrsg.). Digitale Topografische Karte 1:25.000 (2017). [Kartenausschnitt Gemeinde Kratzeburg: Erstbearbeitung durch J. Graf (2020), Überarbeitung durch Reallabor Landschaft (2021)].

Tabelle 1: Eigene Darstellung (2021).

Goede, G. (1977): Der große Waldbrand an der Müritz. In: Carolinum. Historisch-literarische Zeitschrift. (42.) 41. Jahrgang Nr. 76/77. Frühjahr 1977: 93-100. Link zur Ausgabe. Letzter Zugriff: 19.02.2021.

Matecki, U. 2021: Die Lloyd-Bahn. Klein Vielen e.V. – Leben zwischen Lieps und Havelquelle (Hrsg.). Link zum Beitrag. Letzter Zugriff 13.04.2021.

Meßner, G. 2009: Geschichte der Müritz-Nationalparkregion. 1. Auflage. Neubrandenburg.

Wikipedia, Die freie Enzyklopädie (Hrsg.). 2020: Bahnstrecke Neustrelitz-Warnemünde. Link zur Internetseite. Letzter Zugriff: 19.02.2021.8