Kratzeburg

1256 wurde Kratzeburg als „Werdhere“ erstmals urkundlich erwähnt. Damals befand sich im Ort ein Wehrturm, von dem sich der Ortsname ableitete. Der Turm stand auf dem Schwerinschen Berg an einer vormittelalterlichen Handelsstraße, die das Donaugebiet mit der Ostsee verband (später Poststraße, Strelitzer Landstraße). 1359 wurde Kratzeburg gemeinsam mit Granzin, Dalmsdorf und Blankenförde an die Johanniter-Komturei Mirow verkauft und ging nach der Säkularisierung im 17. Jahrhundert als Bauerndorf in den landesherrschaftlichen Besitz (Domanium) über.

Erste genauere Angaben finden sich für die Jahre vor 1618, in denen der Freischulzenhof von Freischulze Kittelmann versehen wurde und weitere zehn Bauernstellen im Ort (namentlich bekannt sind Rösing, Mantzel, Herrmann, Lexow, Labes, Lanckmann, Hacker) besetzt waren. Ein Freischulze war ein von gewöhnlichen Bauernlasten befreiter Lehnschulze. Ein Lehnschulze wiederum war ein Schultheiß, der ein mit seinem Amt verbundenes und vererbliches Lehngut, meist den größten Bauernhof im Ort, innehatte. Er hatte im Auftrag seines Herrn die Mitglieder einer Gemeinde zur Leistung ihrer Schuldigkeit anzuhalten, also Abgaben einzuziehen oder für das Beachten anderer Verpflichtungen Sorge zu tragen.

In der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts waren nur noch zwei Bauernstellen besetzt, bis 1708 hatte sich die Zahl wieder auf fünf erhöht. 1786 wurde die Kratzeburger Dorfkirche errichtet. Ein ausführlicher Beitrag zurGeschichte der Kirche findet sich auf der Internetseite des Vereins Klein Vielen e. V.. 1792 bis 1844 war weiterhin ein Kittelmann mit den Aufgaben des Freischulzen im Ort betraut. Es folgten die Schulzen Dr. Gustav Sach (1845-1849), Ludwig Herse (1850-1870), Ludwig Hoth (1871-1877), Hermann Schröder (1878-1893) und Otto Möller (1894-1905). 1906 war Förster Hellwig Orts-, später Gemeindevorsteher. 1937 werden Landwirt und Fischer Fritz Berkholz als Bürgermeister sowie drei Erbhöfe, 12 Büdner und ein Häusler angegeben. Ein Büdner war in Norddeutschland ein Besitzer eines kleinen ländlichen Anwesens (Büdnerei) und etwas Land. Da dies zur Erwirtschaftung des Lebensunterhalts selten ausreichte, entwickelten sich im Laufe der Jahre viele Büdnereien zu Bauernhöfen weiter. Um die ursprüngliche Position des Büdners wieder zu besetzen, wurde der Berufsstand des Häuslers eingeführt. Eine detaillierte Beschreibung dieser beiden Berufsgruppen findet sich im Rahmen des Beitrags zum Nachbardorf Krienke.

Heute ist Kratzeburg ein lebendiger kleiner Ort, der mit seiner attraktiven Lage im Müritznationalpark und an der Havel viele Urlauber in die Region lockt. Im Dorf finden sich unter anderem ein Fischereibetrieb, eine Meierei, eine Töpferin, eine Filzwerkstatt sowie ein kleines Nationalparkhaus mit wechselnden Ausstellungen. 

Abb. 1 Lageplan von Kratzeburg (1770).
Abb. 2 Kratzeburger Kirche.

Dalmsdorf

Abb. 3 Bauernhof Dobbertin um 1925.
Abb. 4 Blick auf den Käbelicksee und Dalmsdorf (im Hintergrund).

 

Dalmsdorf ist ein ehemaliges Bauerndorf mit ca. 110 Einwohnern und liegt wie Kratzeburg am Käbelicksee. Es wurde 1256 erstmalig urkundlich als „Arnoldesdhorp“ erwähnt. Das Dorf wurde, ebenso wie Kratzeburg, Granzin und Blankenförde, 1359 an die Johanniter-Komturei Mirow verkauft und ging nach der Säkularisierung im 17. Jahrhundert als Bauerndorf in den landesherrschaftlichen Besitz (Domanium) über. Für das Jahr 1614 werden ein Freischulzenhof, neun Bauernstellen und ein Kossat angegeben. Kossat war die mecklenburgische/preußische Bezeichnung für einen Kötter, bei dem es sich wiederrum um einen Dorfbewohner handelte, der oft einer kleinbäuerlichen Tätigkeit nachging und eine Kate (Hütte) besaß. Eine Kate war ein recht einfaches, einzelnes Wohnhaus oder eine Werkstatt und befand sich meist am Rande des Dorfes.

1786 findet sich die Angabe, dass Christian Johann Friedrich Krage das Amt des Freischulzen innehatte. Beim Tod eines Lehnschulzen gingen Amt und Hof an dessen ältesten männlichen Nachkommen über. So wurde die Aufgabe des Schultheißen in Dalmsdorf bis ins Jahr 1927 von der Familie Krage versehen. Im Dorf waren zu den Zeiten der Krages eine wechselnde Zahl an Erbpächtern, Kossaten, Häuslern, Hauseigentümern und Büdnern vermerkt (Erläuterungen zu den Berufen Büdner und Häusler im Beitrag zu Kratzeburg). 1926 ist Fredy Krage als Allodialgutsbesitzer (Allodialgut = Privatvermögen einer fürstlichen Familie) angegeben, 1937 ist Emil Wiethold und 1939 Graf von Ahlefeld vermerkt. 1931 wurde mit Hilfe der ansässigen Bauern eine Kopfsteinpflasterstraße von Granzin über Dalmsdorf nach Kratzeburg gebaut, die auch heute noch erhalten ist. 

Aus dem während der DDR-Zeit landwirtschaftlich geprägten Ort hat sich ein hübsches, touristisch geprägtes Straßendorf entwickelt. Radfahrer, die auf dem Fernradweg Berlin-Kopenhagen unterwegs sind, werden durch Badestelle, Imbiss oder Glasmanufaktur zu einer Pause eingeladen.

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Quellen

Abbildung 1: Gemeinde Kratzeburg (Hrsg.) 2006: Lageplan von Kratzeburg 1770. In: 750 Jahre Kratzeburg: 1256 - 2006; Festzeitung zur 750-Jahr-Feier Kratzeburgs. Neubrandenburg. S. 11.

Abbildung 2: Ev.-Luth. Kirchengemeinde Strelitzer Land (Hrsg.): Kirche Kratzeburg. Link zum Bild

Abbildung 3: Gemeinde Kratzeburg (Hrsg.) 2006: Bauernhof Dobbertin um 1925. In: 750 Jahre Kratzeburg: 1256 - 2006; Festzeitung zur 750-Jahr-Feier Kratzeburgs. Neubrandenburg. S. 7.

Abbildung 4: Campingplatz Naturfreund (Hrsg.). 2021: Der Campingplatz und der Käbelicksee von oben. Link zur Internetseite. Letzter Zugriff. 07.04.2021.

Gemeinde Kratzeburg (Hrsg.) 2006: 750 Jahre Kratzeburg: 1256 - 2006; Festzeitung zur 750-Jahr-Feier Kratzeburgs. Neubrandenburg.

Gemeinde Kratzeburg (Hrsg.) 2021: Kratzeburg. Link zum Beitrag. Letzter Zugriff. 07.04.2021.

Gemeinde Kratzeburg (Hrsg.) 2021: Dalmsdorf. Link zum Beitrag. Letzter Zugriff. 07.04.2021.

Klein Vielen e.V. – Leben zwischen Lieps und Havelquelle (Hrsg.). Die Kirche in Kratzeburg. Link zum Beitrag. Letzter Zugriff: 04.03.2021.

Milhan, H. (2002): Kossat. Link zum Beitrag. Letzter Zugriff: 05.03.2021.

Wikipedia, Die freie Enzyklopädie (Hrsg.). 2021: Kötter. Link zum Beitrag. Letzter Zugriff: 05.03.2021.

Pöhls, W. 1926: Büdnereien und Häuslereien. In: Mecklenburgische Monatshefte, Bd. 2, Schwerin 1926, S. 19–20.

Wikipedia, Die freie Enzyklopädie (Hrsg.). 2021: Büdner. Link zum Beitrag. Letzter Zugriff: 08.03.2021.