Die Landwirtschaft in Klein Vielen zu Zeiten der Gutsherrschaft bis hin zum Zweiten Weltkrieg

Klein Vielen wurde im Jahr 1170 erstmals urkundlich erwähnt (Mecklenburgisches Urkundenbuch I: Urk. Nr. 95: 89-92). Bis 1661 war der Ort eng mit der Geschichte der einflussreichen Adelsfamilie von Peccatel verbunden, deren Lehnsgebiet die Gemarkungen von neun Dörfern umfasste (Behrens 2020: 3). Eine Übersicht zu den Besitzungen der Peccatels findet sich in einem Beitrag von Behrens (2020) ab Seite 3. Die Eigentumsgeschichte Klein Vielens wird in einem separaten Beitrag erläutert.

Abb. 1 Ein Ochsengespann bei der Arbeit auf dem Feld.

Die Peccatels bestritten ihren Lebensunterhalt durch die Erträge ihres Ackerlandes (den Ritterhufen) und aus den Pachtzahlungen der ansässigen Bauern. Die älteste überlieferte Liste die Informationen zu den wirtschaftenden Bauern in Klein Vielen enthält, ist der Bederegister von 1496. Als steuerpflichtige Bauern finden sich hier die Namen: Michel Kaluwe, Carsten Usatel, Mathias Wedeghe, Mathias Havemann, Claus Swarthe, Dynikes Caluwe, Claus Crogher, Drewes Lyndow, Jachim Radke, Hans Usatel, Herman Voeß, Herman Galenbeke, Jachim Unghemakh, Heyne Caluwe und Hinrik Balsmither.

Nach dem Tod des letzten Peccatels 1661 in Klein Vielen war das Gut in den Händen des damaligen Landesherren, Herzog Gustav Adolf. Nach dem 30-jährigen Krieg war vom Dorf nicht viel geblieben, das Gutshaus war zerstört und auch die Bewohnerzahl war stark zurückgegangen. In Folge wurden verschiedene Besitzer mit dem Gut belehnt. Zu Beginn des 18. Jahrhunderts wurde unter dem Gutsherren von Haake in Klein Vielen viel gebaut und erneuert (Behrens 2020: 6). Es entstanden viele Gebäude zum Zwecke der Landwirtschaft, darunter ein Schafstall mit Roggenscheune, ein Pferdestall, ein Viehhaus, eine Haferscheune, eine Windmühle, zwei Schweineställe, ein Kälberstall und ein Hühnerstall (Vgl. KWA. Nachlass Karlfried Krull).

Abb. 2 Bauern bei der Getreideernte.

Durch die Zerstörung während des Krieges und die anschließende rege Bautätigkeit im Dorf veränderte sich das Dorfbild Klein Vielens. Eine Beschreibung der Veränderungen findet sich in einem gesonderten Beitrag.

Im Jahr 1880 ging das Gut an die Familie eines Freiherrn von Kap-herr, der es durch Pächter bewirtschaften ließ. Anfang des 20. Jahrhunderts wurde das Gut mit folgendem Produktionsziel bewirtschaftet:

Der Hauptproduktionszweig des Gutes war der Getreide- und Hackfruchtanbau. Der Gutspächter Dittmer baute um 1920 grosse Flächen von Schafschwingel und Knaulgras an, da diese Produkte damals wertvolle Ausfuhrobjekte waren. Nachher gab er es wieder auf und legte mehr Gewicht auf den Kartoffel- und Zuckerrübenanbau. Während des I., Weltkrieges betrieb er als Nebenbetrieb eine Gemüsedarre, die er nachher aber auch wieder aufgab.“ Zum Tierbestand des Gutes gehörten zu der Zeit etwa 65 bis 70 Milchkühe, ca. 250 Schweine und 600 Schafe (Anonymus 1957/58:2 und 7).

Abb. 3 Bauern beim Dreschen (Herauslösen der Körner) von Getreide.

1937 verkaufte die Erbengemeinschaft Kap-herr das Gut Klein Vielen an den Landwirt Herbert Bennecke, der einem Inspektor Staken die Leitung der Gutswirtschaft übergab (Behrens 2020:11). Nach dem ersten Weltkrieg arbeiteten auf dem Gut 23 ständige Landarbeiterfamilien. Während der Erntezeit wurden zusätzlich 25 bis 30 Saisonarbeiter beschäftigt. Es handelte sich dabei um „Polen und Oberschlesier. Diese wurden dann 1940 von französischen und holländischen Kriegsgefangenen abgelöst, nachher arbeiteten auf dem Gut Klein Vielen auch sowjetische Kriegsgefangene, ca. 30 Personen. […] Die Entlohnung der Landarbeiter war eine sehr schlechte. Es bestand ein sogenannter Landarbeitertarif, nach dem bezahlt wurde, und zwar bekamen die Familien in Klein Vielen 32 Zentner Getreide als Deputat, ¼ ha Kartoffelland, 14 m Holz. Sie konnten eine Kuh halten oder täglich 4 l Vollmilch vom Gut beziehen. Alle 4 Jahre hatten sie das Recht, eine neue Kuh aufzuziehen. Der Barlohn dagegen war minimal. Die Frauen erhielten 0,1 RM die Stunde. Im Sommer wurde 11 Stunden gearbeitet, oft darüber hinaus. Im Winter verkürzte sich dann die Arbeitszeit auf bis zu 8 Stunden. Die sogenannten Schnitter hatten keinerlei begrenzte Arbeitszeit, da ihnen alle Arbeiten im Akkord übertragen wurden“ (Anonymus 1957/58: 3f.).

Im Zuge des Verkaufs des Gutes im Jahr 1937 wurde ein genaues Verzeichnis über Gebäude und Inventar angelegt, welches sich hier einsehen lässt. 1945 wurde der Gutsbesitzer Bennecke im Zuge der Bodenreform enteignet (Behrens 2020: 16).

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Quellen

Abbildung 1 bis 3: von Lengerke, A. 1831: Darstellung der Landwirtschaft in den Großherzogtümern Mecklenburg. Band 1. Königsberg. Online einsehbar bei:
Lexikus Verlag: Link zu den Bildern. Letzter Zugriff: 03.11.2021.

Anonymus, um 1957/58: Politische Gemeinde + Ortsteil Hartwigsdorf, I. Sektion Landwirtschaft, Untergruppe II. Die politisch-ökonomische Entwicklung 1945-1956, III. Wohnungswesen, IV: Staat und Recht. Manuskript. Quelle stammt aus dem Privatarchiv von Gisela Krull.

Behrens, H. 2020: 850 Jahre Klein Vielen – ein historischer Abriss. In: Klein Vielen e.V. – Leben zwischen Lieps und Havelquelle (Hrsg.). Dorfzeitung. Zwischen Lieps und Havelquelle. Nr. 11 (2020). Steffen Media. Friedland: 3-34. Link zur Ausgabe. Letzter Zugriff: 03.11.2021.

Krull, K. (o. J.) Verzeichnis der Wohn- und Wirtschaftsgebäude des Guts Klein Vielen aus der 2. Hälfte des 18. Jahrhunderts. KWA Neustrelitz, Nachlass Karlfried Krull, Sign. Ha 503.