Granziner Mühle

Im Jahr 1325 wird Granzin erstmals urkundlich als Mühlenstandort erwähnt. Der damalige Betreiber der unterschlächtigen Wassermühle, Müller Lambert, ist der älteste namentlich bekannte Müller an der Havel. 1472 verschrieben die Herzöge Magnus und Balthasar die Granziner Mühle und viele weitere Güter als Geschenk an den Mirower Johanniterorden. Diese Schenkung wurde 1491 bestätigt (Walther 1984). 

1767 wird das Mühlengebäude in Erbpacht gegeben. Zwischen 1792 und 1795 befand sich die Mühle im Besitz von Emanuel Christoph Schröder und anschließend bis 1799 von Erdmann Christoph Schröder. 1800 verpachtet Christian Ludwig Schröder den Besitz an einen Volkmann. 1805 betrieb ein Wilhelm Schröder neben der Wassermühle eine Windmühle „auf der Höhe 83,3 ostnordöstlich der Wassermühle“. Bereits 1256 war eine Windmühle in der Gegend erwähnt worden. 1817 wird der Mahlgang der Mühle um einen Schneidegang erweitert. 1831 verpachtet Schröder die Mühle an einen Müller Freiheit. 1843 werden Wasser- und Windmühle an Carl Segebrecht verkauft. 1867 ist ein Hennings auf Henningsfelde Erbpächter beider Mühlen. Ein Beitrag zur Grundeigentumsgeschichte von Henningsfelde findet sich hier.

1870 wird die Mühle an Otto Herse verkauft. Mitte Juli 1874 werden die Granziner Mühle mit Wohnhaus, Mahlmühle, Radhaus und Schneidemühle in einem Feuer vernichtet. Familie Herse vermutete damals böswillige Brandstiftung. Auch die Windmühle muss in diesem Zeitraum Schaden genommen haben, denn sie wird nicht mehr erwähnt. Durch Versicherungsgelder von der „Neubrandenburger Versicherungsimmobilar und Mobilarbrandkasse“ konnte eine neue Wassermühle mit Bäckerei errichtet werden. Der Neubau wurde durch die Firma Otto Eichauer realisiert, welche auf Mühlenbau spezialisiert war (Landeszeitung 1945). 

„Die Granziner Mühle war bis zum Jahre 1945 ein Bauernhof von ca. 50 ha mit Sägewerk (Wasserkraft), Wassermühle und Bäckerei, gelegen zwischen dem Schulzensee und dem Pagelsee zu beiden Seiten der Havel im Landkreis Neustrelitz. Eingegrenzt wurde das Grundstück vom Ufer des Schulzensees, der Landstraße nach Babke, dem Ufer des Pagelsees und westlich der Havel von der Waldgrenze (siehe Karte [von 1888]). Zu beiden Seiten der Havel befanden sich Wiesen und Weiden, daran schlossen sich die Ackerflächen an. Insgesamt bestand der Mühlenhof damals aus dem Haupthaus mit Bäckerei, Mühle und Sägewerk, zwei kombinierten Stall-Scheunen-Gebäuden und einem Wagenschuppen. Zusätzlich gab es ein kleines Wohnhaus mit Stall und zwei Baacken. Die Havel floss durch das Haupthaus und trieb mit Wasserkraft Mühle und Sägewerk an“(R. Walther in Gemeinde Kratzeburg 2006: 26).

1884 ging der Besitz an Herses Erben. 1894 wurde die Granziner Mühle an Wilhelm Creuzfeldt verkauft, dessen Erben ihren Besitz 1900 an einen Glitzing verpachteten. Sie blieben bis 1945 im Besitz ihrer Ländereien. Die Enkelin Creuzfeldts heiratete 1945 in die Familie Glitzing ein (Chronikhefter Kratzeburg (b) Verwaltungsarchiv Neustrelitz). Im gleichen Jahr wurde das 50 ha große Gehöft von sowjetischen Soldaten niedergebrannt. Das Wohnhaus und die Bäckerei wurden im Anschluss notdürftig wiederaufgebaut (Materialsammlung Kratzeburg).

Im Jahr 1951 übernahm Bäckermeister Willy Trettin die Pacht der Bäckerei als Kommissionär des Staates. Die zehnköpfige Familie Trettin, welche aus Stettin-Altdamm vertrieben wurde, hatte sich zuvor in Granzin angesiedelt. Der „Granziner Bäcker“ belieferte zusammen mit ein paar seiner Kinder und seinem Bruder jeden Montag, Mittwoch und Samstag das Umland. „Täglich wurden ca. 500 Drei-Pfund-Brote gebacken und in den Holzfeuer-Ofen passten pro Backgang 100 Stück“ (Gemeinde Kratzeburg 2006: 27).

1953 wurde der Hof wird in den örtlichen Landwirtschaftsbetrieb (ÖLB) eingegliedert und später durch die Landwirtschaftliche Produktionsgenossenschaft (LPG) bewirtschaftet. Ein Großteil der Flächen wurde Teil eines sowjetischen Truppenübungsplatzes. Die Familie Trettin wohnte weiterhin zur Miete an der Granziner Mühle. Nachdem Bäckermeister Trettin 1967 verstarb, übernahm seine damals 36-jährige Tochter Irmtraut Trettin mit Geschwistern die Bäckerei, um das Backhandwerk fortzuführen. Waldemar Dedelow aus dem benachbarten Henningsfelde baute damals einen neuen Bäckerwagen zum Ausfahren der Brote. Beliefert wurden dreimal wöchentlich die Dörfer Krienke, Granzin, Dalmsdorf, Kratzeburg, Pieverstorf und Dambeck. Dienstags und freitags wurden zusätzlich Babke und Blankenförde beliefert. Auch die sowjetischen Soldaten kauften Brot von der Granziner Bäckerin.

1986 wurde die bereits baufällige Bäckerei durch einen sowjetischen Panzer so stark beschädigt, dass sie geschlossen und anschließend abgerissen werden musste. Da Baumaterial in der DDR knapp war, wurde das Gebäude abgetragen und andere Gebäude der Gemeinde Kratzeburg mit Hilfe dieser Materialien repariert.

Im Jahr 1991 wurde ein Rekultivierungsplan für das Grundstück der ehemaligen Granziner Mühle entwickelt. Jahrzehntelang waren die Kettenfahrzeuge der russischen Streitkräfte dort Richtung Schießplatz durch die Havel gefahren und richteten großen Schaden am Havellauf und der umliegenden Natur an. 1993 wurde die Nutzung der Flächen als Truppenübungsplatz letztendlich eingestellt und Maßnahmen zur Renaturierung der Natur vorgenommen. 1996 wurde der ehemalige „Mühlenstau“ durch eine Fischtreppe ersetzt, um die biologische Durchgängigkeit der Havel an dieser Stelle zu gewährleisten (Ernst 1995). An der Straße zwischen Granzin und Krienke, dort, wo sie über die Havel führt, erinnert eine Informationstafel an die ehemalige Wassermühle.

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Abb. 1 Granziner Mühle auf dem Messtischblatt von 1888.
Abb. 2 Der stets gern gesehene Brotwagen der Bäckerei (ca. 1975).
Abb. 3 Das Wohnhaus mit Bäckerei und Bäckerwagen (ca. 1980).
Abb. 4 Das Bodendenkmal der Mühle mit Infotafel.
Abb. 5 Die 1996 errichtete Fischtreppe.

Quellen

Abbildung 1: Kartenausschnitt Messtischblatt Hohenzieritz. 1884: Studienarchiv Umweltgeschichte des Instituts für Umweltgeschichte und Regionalentwicklung e.V. an der Hochschule Neubrandenburg. Planarchiv.

Abbildung 2 und 3: Gemeinde Kratzeburg (Hrsg.) 2006: Festzeitung zur 750-Jahr-Feier Kratzeburgs 1256-2006. Kratzeburg: S. 26 f.. 

Abbildung 4 und 5: Privatarchiv Götz, V. 2020.

Chronikhefter Kratzeburg. Granziner Mühle. Abschnitt Granzin. Verwaltungsarchiv Neustrelitz.

Ernst, P. 1995: Neues Wehr bremst Wasser des Ziembaches. ABM-Truppe leistet hervorragende Arbeit. Nordkurier v. 11.3.1995.

Gemeinde Kratzeburg (Hrsg.) 2006: Festzeitung zur 750-Jahr-Feier Kratzeburgs 1256-2006. Kratzeburg: S. 26 f..

Gemeinde Kratzeburg (Hrsg.) 2021: Granzin im Portal der Havelquellregion. Link zum Beitrag. Letzter Zugriff 3.9.2021.

Infotafel zur Granziner Mühle am Rand von Granzin.

Materialsammlung zur Ortschronik der Gemeinde Kratzeburg. Ortsteil Granzin. Abschnitt Granziner Mühle.

Müritz Nationalpark: Infotafel zur Fischtreppe an der Granziner Mühle.

Karbe-Wagner-Archiv Neustrelitz: Unterlagen zu Mühlen, insbesondere Papiermühlen, Papiermuster, Wassermühlen, Staatskalender & Notizen.

Kreisarchiv Mecklenburgische Seenplatte: Unterlagen zur Geschichte Mecklenburg-Strelitzscher Gemeinden, speziell deren Landwirtschaft und Kultur. Woldegker Chaussee 35, Neustrelitz.

Landeszeitung 1945: Granziner Mühle wieder aufgebaut. Landeszeitung Nr. 198: 3. In: Chronikhefter Kratzeburg. Verwaltungsarchiv Neustrelitz.

Materialsammlung zur Ortschronik der Gemeinde Hohenzieritz mit den Ortsteilen Prillwitz und Zippelow: Unterlagen zu Mühlen, Ordner III/VIII.

Walther, R. 1984.: Kleine Dorfrundschau: Granziner Mühle – Eine der ältesten Mahlstätten. In: Freie Erde v. 16.02.1984. In: Materialsammlung Kratzeburg. Ortsteil Granzin. Abschnitt Granziner Mühle.