Die Geschichte der Gutshäuser in Mecklenburg-Vorpommern

Abb. 1 Bauphase Renaissance: Das Herrenhaus in Ankershagen.
Abb. 2 Bauphase Spätbarock: Das Gutshaus in Groß Gievitz.
Abb. 3 Bauphase Historismus: Das Gutshaus in Langenfelde.
Abb. 4 Bauphase Neogotik: Das Herrenhaus in Varchentin.

Abgesehen von den Hansestädten gehörten die größten Teile von Mecklenburg und Pommern historisch betrachtet nicht zu den wohlhabenden Gegenden Deutschlands. So gestalteten sich auch die Adelssitze über Jahrhunderte eher bescheiden. Allerdings gelang es dem Landadel in den Herzogtümern seit der deutschen Ostsiedlung seine Stellung stetig zu verstärken und die der Landesherren zu schwächen. Aufgrund der dünnen Besiedlung des Landes und einer wiederholten Dezimierung der Bevölkerung durch Kriege und Seuchen, konnte der Adel seinen Landbesitz fortwährend vergrößern, sodass er schließlich über die Hälfte des Landes besaß. Bekannte Adelsfamilien wie die von Maltzahn besaßen eine Vielzahl von Gütern (landwirtschaftliche Anwesen) in verschiedenen Regionen.

Guts- bzw. Herrenhäuser stellten in der Regel den Mittelpunkt einer Gutsanlage dar. Zu einem Gut gehörten meist auch Wirtschaftsgebäude wie Ställe oder Scheunen, Häuser für das Gesinde (Dienstbooten eines Gutsherrn) sowie Land, Forst und Wasser. Die Gutshäuser brachten oft das Repräsentationsbedürfnis der Gutsherren und somit den Standes- und Prestigegedanken zum Ausdruck.

Die erste große Bauphase lag zwischen 1550 und 1630 (Renaissance). Typische Elemente der Phase sind Treppentürme, Erker und Zwerchhäuser mit geschmückten Giebeln. Die zweite große Bauphase von 1715 bis 1760 (Spätbarock) wurde von der monarchistischen Bau- und Hofkultur sowie durch Schloss- und Palaisbauten der Hocharistokratie geprägt. Die Anlagen sind durch ihre Achsensymmetrie und durch Dreiflügelanlagen gekennzeichnet.

Im fortschreitenden 19. Jahrhundert verbesserte sich die ökonomische Situation im Land. Das Eisenbahnnetz wurde ausgebaut und somit die Absatzmärkte für landwirtschaftliche Produkte erweitert. Gleichzeitig stieg die Nachfrage nach diesen Produkten durch die fortschreitende Industrialisierung und das damit einhergehende Bevölkerungswachstum in den Städten. Hinzu kamen die Einführung von Zöllen zum Schutz der deutschen Industrie und Landwirtschaft sowie Fortschritte im Bereich der Technik und Düngung, die die Situation und Stellung der Großbetriebe begünstigten.

Dadurch wurden besonders in der Gründerzeit (Bezeichnung für die Zeit zwischen der Revolution 1848 und dem Einbruch der Finanzmärkte 1873), aber auch darüber hinaus bis ins frühe 20. Jahrhundert eine Reihe von kleineren und bescheideneren Gutshäusern durch größere Neubauten und Umbauten ersetzt. Einige Häuser wurden auf Fundamenten und Gewölben mittelalterlicher Vorgängerbauten errichtet. Prägend für diese Zeit waren Bauten im Stil des Historismus (z.B. Neugotik), bei dem auf Stilrichtungen vergangener Jahrhunderte zurückgegriffen wurde (Stilpluralismus). Trotz teilweise mächtigem Erscheinungsbild wurden diese Bauten in Mecklenburg nicht als Schloss betitelt - das war den Sitzen der Landesherren vorbehalten.

Während der DDR-Zeit gehörten der Schutz und Erhalt von Guts- und Herrenhäusern nicht zum Programm. Die Häuser dienten beispielsweise als Konsum, Verwaltungsstätte, Schule oder Kindergarten, LPG-Zentrum oder Mietshaus. Andere verfielen oder wurden abgerissen. Heute wird der kulturelle Wert und die geschichtliche Bedeutung von Gutsanlagen wieder geschätzt und zumindest die Guts- bzw. Herrenhäuser ehemaliger Gutsanlagen restauriert und neuen Nutzungen zugeführt. Insgesamt zeugen in Mecklenburg-Vorpommern noch über 2.000 Gutshäuser, Herrenhäuser, Schlösser und Burgen von der einst prägenden Herrschaft des Adels, des Großgrundbesitzes und der Gutswirtschaft.

 

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Quellen

Abbildung 1: Wikipedia, Die freie Enzyklopädie (Hrsg.). 2021: Herrenhaus Ankershagen. Link zum Bild. Letzter Zugriff: 22.06.2021.

Abbildung 2: QM3 UG (Hrsg.). 2021: Gutshaus Groß Gievitz. Link zum Bild. Letzter Zugriff: 22.06.2021.

Abbildung 3: QM3 UG (Hrsg.). 2021: Herrenhaus Langenfelde. Link zum Bild. Letzter Zugriff: 22.06.2021.

Abbildung 4: QM3 UG (Hrsg.). 2021: Herrenhaus (Schloss Varchentin). Link zum Bild. Letzter Zugriff: 22.06.2021.

Goruma (Hrsg.). 2021: Historismus. Link zum Beitrag. Letzter Zugriff: 22.06.2021.

Kobsch, A., Zander, I., Matuschat, J. 2013: Gutshäuser und Schlösser in Mecklenburg Teil 1: Eine fotografische Zeitreise. Druck- und Verlagshaus Kruse.

Wikipedia, Die freie Enzyklopädie (Hrsg.). 2021: Herrenhaus (Gebäude). Link zum Beitrag. Letzter Zugriff: 22.06.2021.

Wikipedia, Die freie Enzyklopädie (Hrsg.). 2020: Schutzzollpolitik. Link zum Beitrag. Letzter Zugriff: 22.06.2021.

Wikipedia, Die freie Enzyklopädie (Hrsg.). 2020: Gutshof. Link zum Beitrag. Letzter Zugriff: 22.06.2021.