Von der Bodenreform bis zur Kollektivierung in der Landwirtschaft

Hintergründe und Ziele der Bodenreform

Die landwirtschaftlichen Flächen in den nordöstlichen Gebieten des damaligen Deutschen Reiches, so auch Mecklenburg-Vorpommern, waren zu einem hohen Anteil im Besitz weniger (teils adliger) Familien, die auch als Junker bezeichnet wurden. Der Anteil an Betrieben mit über 100 Hektar Fläche betrug in den ostelbischen Gebieten 44 %. Ein Teil der Gutsbesitzer schloss sich, wie auch ein großer Teil der Gesellschaft, in den 1930er Jahren der nationalsozialistischen Bewegung an. Die Bodenreform 1945 hatte zum Ziel das Eigentum dieser gesellschaftlichen Gruppierung aufzulösen, die seitens der sozialistischen Regierungen durch ihre stark konservative Einstellung als Gefahr für die Republik wahrgenommen wurde. Eine Bodenreform hatte aber auch wirtschaftliche und soziale Gründe. Weitere Ziele waren die Integration von Flüchtlingen und Vertriebenen in die Gesellschaft und die Annahme, dass landwirtschaftliche Kleinbetriebe eine flexiblere und kurzfristigere Versorgung leisten können. Mit der Aufteilung des Grundbesitzes sollte eine Veränderung der sozialen Struktur auf dem Land erreicht werden.

Durchführung

Am 5.9.1945 unterzeichnete Präsident Wilhelm Höcker die “Verordnung über die Bodenreform im Land Mecklenburg-Vorpommern”. Alle Großgrundbesitzer mit über 100 Hektar Land wurden entschädigungslos enteignet und teilweise von ihren Grundstücken und aus ihren Heimatkreisen vertrieben. Die Betroffenen verloren also nicht nur ihr Land, sondern oft auch ihr gesamtes restliches Eigentum. Insgesamt wurden so 7160 Betriebe enteignet. Außerdem enteignet wurden Betriebe von Personen, die als Kriegsverbrecher oder aktive NSDAP-Mitglieder eingestuft wurden. Auch staatliches sowie kommunales Land floss in den sogenannten Bodenfonds zur Verteilung mit ein.

Insgesamt wurden 3,298 Millionen Hektar umverteilt, was 35 % der landwirtschaftlichen Nutzfläche entsprach. Zu etwa zwei Dritteln gingen die Flächen als persönliches, vererbbares, unveräußerliches Eigentum an Landarbeiter, Umsiedler und Kleinbauern. Etwa die Hälfte der Empfänger waren Neubauern, 11,5 % der Fläche ging an landarme Bauern und 3,5 % des Landes an sich selbstversorgende Arbeiter und Angestellte. Der Neubauer erhielt eine Urkunde, die das erworbene Eigentum und dessen Vererbbarkeit bestätigte. Für den Erhalt von Bodenreformland war über einige Jahre eine Rente zu zahlen. Das verbleibende Drittel des Landes wurde Staatsbesitz und zur Bildung Volkseigener Güter genutzt. Die durchschnittliche Betriebsgröße nach der Verteilung betrug weniger als 10 Hektar. Ein Grund dafür war die Vergabe von Land an möglichst viele Heimatvertriebene, die einen großen Teil der Bevölkerung in der sowjetischen Besatzungszone ausmachte. Ca. 43 % aller Neubauernstellen wurden an Vertriebene vergeben.

Der SMAD-Befehl Nr. 209

Ein großes Problem der Neubauern stellte der Mangel an eigenen Hofgebäuden dar. Dies wiederrum bedeutete oft eine Abhängigkeit von den Altbauern und lange Wege zu den eigenen Feldern. 1945 war bereits ein Mangel an etwa 100.000 neuen Gebäuden (Wohnhäusern, Scheunen und Ställen) festgestellt worden. Der Bau von den benötigten Wohn- und Wirtschaftsgebäuden entwickelte sich nicht nach den Vorstellungen der sowjetischen Besatzungsmacht. Da kaum genügend Baumaterial vorhanden war, wurde am 9.9.1947 durch Marschall Sokolowski (Chef der Sowjetischen Militäradministration in Deutschland (SMAD)) der Befehl Nr. 209 erlassen, der unter anderem den Abriss von Herrenhäusern und anderen Gutsgebäuden zur Materialgewinnung erlaubte. Ebenfalls geregelt wurde durch den Befehl die Bauausführung. Leider brachte diese Maßnahme weniger Material ein als erhofft und verschlechterte die Situation einiger Neubauern, die in den Gutsgebäuden einquartiert waren. Trotzdem wurden in Mecklenburg bis 1950 insgesamt ca. 24.000 Neubauernhäuser fertiggestellt.

Die Kollektivierung in der Landwirtschaft

Die entstandenen Neubauernstellen waren oft zu klein und viele der Bauern gerieten in wirtschaftliche Schwierigkeiten und mussten aufgeben. Neben Erfahrungen in der Landwirtschaft fehlte den Neubauern auch häufig die technische Ausstattung. 1952 wurden daraufhin, teilweise noch freiwillig, die ersten Landwirtschaftliche Produktionsgenossenschaften (LPGs) gegründet. Ab 1960 fand die Kollektivierung in der Landwirtschaft dann unter erheblichem staatlichen Druck statt (Zwangskollektivierung) und die Bauern hatten ihr Land in die Genossenschaften einzubringen. Zum Ende der 1960er Jahre bewirtschafteten die LPGs über 85 % der landwirtschaftlichen Nutzfläche. Seitens der Regierung wurde eine immer höhere Konzentration und Spezialisierung der Betriebe vorangetrieben und die Anzahl der einzelnen LPGs sank. Kooperative Abteilungen Pflanzenproduktion wurden gegründet, in denen gemeinsame Feldwirtschaft betrieben wurde. Den übrigen Betrieben blieb so meist nur die Viehwirtschaft. Eine solche Trennung von Tier- und Pflanzenproduktion führte oftmals zu Problemen und Streit. Mitte der 1970er Jahre wurden die KAP durch die LPG Pflanzenproduktion abgelöst. Etwa 4500 LPGs wirtschafteten so bis zur „Wende“ und mussten sich dann den neuen wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Strukturen anpassen.


Quellen

Kuchenbäcker T., Rösner M. 2019: Ausstellung "Eine Reise durch die Siedlungsgeschichte". Entstanden im Rahmen des Projektes: "Historische Kulturlandschaftselemente als Zeugnisse des Landschaftswandels" an der Hochschule Neubrandenburg. Link zur Ausstellung

Stiftung Deutsches Historisches Museum (Hrsg.). 2021: Wassilij Danilowitsch Sokolowski. Link zum Beitrag. Letzter Zugriff: 2.7.2021.

Wikipedia, Die freie Enzyklopädie (Hrsg.). 2021: Bodenreform in Deutschland. Link zum Beitrag. Letzter Zugriff: 2.7.2021.

Wikipedia, Die freie Enzyklopädie (Hrsg.). 2021: Landwirtschaftliche Produktionsgenossenschaft. Link zum Beitrag. Letzter Zugriff: 2.7.2021.