Dr. Uwe Wegener

Erinnerungen zu seiner Arbeit als Naturschutzwart im Staatlichen Forstwirtschaftsbetrieb

Über den Bezirksnaturschutzbeauftragten Heinz Quitt, den ich lange kannte – wir hatten auch im ILN schon manches zusammen gemacht – und auf Vermittlung von Klaus Seelig, dem Referenten für Naturschutz beim Rat des Bezirkes, bin ich dann Naturschutzwart im Staatlichen Forstwirtschaftsbetrieb Wernigerode geworden. Wir hatten im Bezirk Magdeburg schon zwei Naturschutzwarte für spezielle Aufgaben, den einen für die Biberbetreuung und den anderen für spezielle Aufgaben im Biosphärenreservat Mittlere Elbe, das inzwischen gegründet war. Der Biberforscher war Peter Ibe, der auch heute noch im Biosphärenreservat die Biber betreut. Meine Tätigkeit als Naturschutzwart war neu. Es ging um die Flächenbetreuung im Forstbetrieb, also die Betreuung von 24 Naturschutzgebieten und Flächennaturdenkmalen. Es ging außerdem um die Koordinierung der haupt- und ehrenamtlichen Arbeit und darum, immer mal im Rat des Bezirkes vorzusprechen und dort den Referenten für Naturschutz zu unterstützen. Es war ja der übliche Ein-Mann-Naturschutz.

Wenn ich meine beruflichen Tätigkeiten Revue passieren lasse, dann war die Arbeit an der Universität erst mal Grundlagenarbeit, man hat sich eine wissenschaftliche Basis geschaffen. Die Arbeit im ILN war die interessanteste überhaupt, auch wissenschaftlich am meisten fundiert, weil man dort unterschiedliche Fachgebiete hatte. Man hatte Forstwirte, Landwirte, Geographen Leute von der Wasserwirtschaft, Biologen, die zusammenwirkten und diskutierten. Die Arbeit im Forstbetrieb, das war dann die spannendste, die ich hatte. […]

Ich habe erst mal Naturschutzeinsätze organisiert. Nachmittags, wenn die Schüler aus der Schule kamen, haben wir irgendwo in einem Gebiet einen Naturschutzeinsatz gemacht und hatten auch Unterstützung vom Rat des Kreises. Der Abteilungsleiter Landwirtschaft im Rat des Kreises Wernigerode, Manfred Naumann, war mein erster Chef in meinem studentischen Praktikum in Hasselfelde im Jahr 1964 gewesen. Wir kannten uns also gut und wussten uns zu schätzen. Den Referenten im Landkreis kannte ich auch. Dem war meine Tätigkeit sehr recht, da er merkte, dass da eine Entlastung auf ihn zukommt. Er sagte mir gleich: „Pass auf, wir machen das so: Ich besorge Dir das Geld und den ganzen Naturschutz machst Du alleine.“ Und so lief das dann auch. Dann habe ich also nachmittags mit Schülern gearbeitet und häufig vormittags mit den Rentnern unter den Naturschutzhelfern. Und ab und zu hat mir Heinz Quitt Forstarbeiter geschickt: Meine Auswertungen habe ich immer in einem der beiden Kulturräume des Forstbetriebes gemacht. […]

Im Laufe der Zeit habe ich mich dann in alle forstlichen Dinge, die den Naturschutz angingen, reingedrängt. Da lief dann nichts mehr ohne den Naturschutz. Das wurde auch toleriert. [...]

Ich war zunächst der einzige Naturschutzwart dieser Art in der DDR. Später gab es auch einen im Forstbetrieb Königstein im Bezirk Dresden, im Elbsandsteingebirge, dem man noch weniger Verständnis entgegengebracht hat. Das war Jürgen Stein, der später den Nationalpark Sächsische Schweiz aufgebaut hat. Und dann kam eine Kollegin hinzu in Mecklenburg, im Staatlichen Forstwirtschaftsbetrieb Güstrow. Das war Angela Martin. Sie hatte es besonders schwer – in Mecklenburg, als Frau.

Wenn ich es rückblickend betrachte, dann ist doch vieles in der Forstwirtschaft in Sachen Naturschutz positiv gelaufen. Das lag auch daran, dass der gesamte Naturschutz der Forstwirtschaft unterstellt war. Man konnte also gar nicht anders und musste die Naturschutzbelange auch mit berücksichtigen. [...]

Natürlich lief nicht alles im Sinne des Naturschutzes, obwohl im Großen und Ganzen nachhaltig gewirtschaftet wurde. Unsere Reviere am Harzrand waren mit 10 bis 20 Prozent übernutzt. Dort wurde mehr herausgeholt, als vielleicht hätte entnommen werden dürfen. Gleichzeitig waren die Hochharzreviere alle unternutzt. Dort hätte man 40, 50 Prozent mehr an Holz einschlagen können. Im Grunde glich sich das aus.

Literatur zum Weiterlesen

Wegener, Uwe: Bewegte Zeiten in zwei Gesellschaftssystemen - Naturschutz im Wandel. Berlin 2017.

Institut für Umweltgeschichte und Regionalentwicklung e.V. (Hg.), Lutz Reichhoff & Uwe Wegener (Bearb.): ILN. Institut für Landschaftsforschung und Naturschutz Halle. Forschungsgeschichte des ersten deutschen Naturschutzinstituts Berlin 2016.

Behrens, H. und Hoffmann, J. (Hg..): Naturschutzgeschichte(n) – Lebenswege zwischen Ostseeküste und Erzgebirge. Friedland 2013.

Wegener, Uwe.: Ohne sie hätte sich nichts bewegt - zur Arbeit der ehrenamtlichen Naturschutzhelfer und -helferinnen. In: Institut für Umweltgeschichte und Regionalentwicklung e.V. (Hg.): Naturschutz in den Neuen Bundesländern - Ein Rückblick. Berlin 2001: 89-107.

Wegener, Uwe. In: Behrens, H.: Lexikon der Naturschutzbeauftragten. Band 2: Sachsen-Anhalt. Hrsg. vom Institut für Umweltgeschichte und Regionalentwicklung e.V., Friedland 2006: 303-306.

Wegener, Uwe (Hg.): Schutz und Pflege von Lebensräumen - Naturschutzmanagement. Jena, Stuttgart 1991.

Wegener, Uwe (Hg.): Naturschutz in der Kulturlandschaft. Jena, Lübeck, Stuttgart, Ulm 1998.

Zur Person

geboren 1941 in Halberstadt

Studium der Agrarwissenschaften, 1972 Promotion

1966 bis 1973 Forschungsgruppenleiter in der Außenstelle Harz der MLU Halle-Wittenberg; 1973 bis 1982 wissenschaftlicher Mitarbeiter am Institut für Landschaftsforschung und Naturschutz in Halle und Potsdam; 1982 bis 1990 Naturschutzwart im Forstwirtschaftsbetrieb Wernigerode, Aufbauleiter Nationalpark Hochharz; 1991 bis 2004 wissenschaftlicher Leiter im Nationalpark Hochharz; 2004 bis 2006 Projektleiter Forschung im Nationalpark Harz; ab August 2006 Ruhestand.

1955 bis 1960 Naturschutzhelfer im Kreis Halberstadt; 1992 bis 1994 Kreisnaturschutzbeauftragter Halberstadt, seit 1995 bis heute Naturschutzbeauftragter im Kreis Halberstadt