Kurt und Erna Kretschmann
Erinnerungen zur Naturschutzeule und zum Haus der Naturpflege in Bad Freienwalde
Schon 1950, als wir anfingen mit der Arbeit, kamen wir sehr bald zu der Erkenntnis: Man muss die Objekte, die man sichert, Naturdenkmale und so weiter, kennzeichnen. Und da haben wir also das „Eulenschild“ entwickelt und zwar deshalb, weil die Menschen, die wir bei unseren Erhebungen befragten: „Gibt es im Dorf noch eine Schleiereule oder einen Steinkauz?“ dann wiederholt sagten: „Ach, Sie wollen auch wissen, wo der Totenvogel wohnt?“ Und da kamen wir dann dahinter, dass sie solche Vorstellungen hatten, dass bei Kranken, die in der Nacht Licht hatten, die Käuze vor den Fenstern hin- und her flogen und die Nachtinsekten fingen. Und dann sagten sie: „Ja, die Eulen haben gerufen, jetzt muss der Kranke sterben.“ Und weil die Eule so verleumdet war, habe ich gesagt: Die machst Du jetzt als Zeichen für den Naturschutz, damit wir den Leuten zeigen, dass das eine falsche Einstellung ist und gerade dieser Vogel für uns wertvoll ist. Das ist möglich gewesen, weil ich Landesbeauftragter für Naturschutz in Brandenburg wurde. Da konnte ich 5.000 Schilder bestellen in Olbernau im Erzgebirge, das waren sehr hübsche Schilder, und habe sie dann verteilt an die mir bekanntesten Naturschutzleute in der DDR. Und 1954, als wir das neue Naturschutzgesetz der DDR schufen, da war es möglich, das in das Gesetz mit einzubringen, dass die Naturschutzgebiete, Landschaftsschutzgebiete, geschützte Alleen, Naturdenkmale und so weiter mit diesem Eulenzeichen versehen wurden. Die Eule war am Anfang immer falsch gemalt, das heißt, das hat ein Grafiker gemacht nach meinen Vorschlägen – mit drei Zehen! Aber die hat in Wirklichkeit nur zwei Zehen und den einen Zeh hat sie nach hinten. Aber das hat nur einmal ein Biologielehrer kritisiert. Alle anderen haben das gar nicht gemerkt. Und wir haben es auch nicht gemerkt. [...]
Von 1960 bis 1982, also 22 Jahre, haben wir dann diese Idee verfolgt, das „Haus der Naturpflege“ aufzubauen. Das war hier in Freienwalde nur deshalb, weil wir hier wohnten. Der Grundgedanke war, Häuser für Naturpflege am Rande der Großstädte einzurichten, auch in anderen Großstädten. Aber das ist nicht passiert. Der Naturschutz, der staatliche Naturschutz, war zu schwach in der DDR. Der hat diese Idee nicht aufgegriffen, so ist das beschränkt geblieben auf Freienwalde. Aber diese Häuser für Naturpflege hätten ja in jedem Landstrich und in jeder Gegend ein anderes Gesicht gehabt. Die wären ja immer wieder anders gewesen, aber sie hätten gezeigt: Man kann die Natur nicht nur ausbeuten – das war also auch in der DDR gang und gäbe und das ist heute nicht anders, heute ist es vielleicht noch schlimmer – sondern man muss die Natur schützen, man muss sie pflegen und man muss sie auch gut gestalten und das sollten die Häuser für Naturpflege bringen. Und hier ist nun die Zentrale gewesen für diesen Gedanken. 22 Jahre haben wir das ohne staatliche Mittel privat durchgeführt.
Hier haben wir uns auch sehr um den Fledermausschutz bemüht. Und um Lehrpfade. Wir haben also den ersten Lehrpfad in der DDR als Fontane-Lehrpfad von Freienwalde nach Falkenberg geführt. Das ist ja eine Strecke, die Fontane oft gewandert ist. 12 Kilometer lang ist dieser Weg und das war unser erster Lehrpfad. Dann haben wir die anderen Lehrpfade angelegt, 19 Lehrpfade, die wir hier angelegt haben in unserer Tätigkeit in diesen fast 50 Jahren. [...]
Und wir haben in Gersdorf die erste Wanderhütte nach dem Weltkrieg gebaut, das heißt, ich habe sie nicht gebaut, sondern da war eine Natur- und Heimatfreunde-Gruppe. Zur Einweihung haben wir dann eine große Sternwanderung gemacht und da kamen 300 Leute zusammen, die alle hier diese Hütte einweihen wollten, die schon ein Jahr bestanden hat. Und einen Tag vorher haben sie noch daran gearbeitet und als wir dahin kamen, da war sie abgebrannt. Da haben wir nur noch die Trümmer gesehen, die rauchenden Trümmer. Aber es war die erste Wanderhütte in Brandenburg, die nach dem Krieg gebaut wurde.
Wir hatten hier in Freienwalde auch die Zentrale für den Weißstorch, nicht nur für die DDR, sondern für 14 Länder Europas, von Spanien angefangen. Das war alles noch in der DDR-Zeit. Haben wir gemacht. Wir haben niemand gefragt, es hat uns auch niemand verboten. Und wir haben alle zwei Monate einen kleinen Druck herausgegeben: „Storchmitteilung“. Und was wir nun von diesen verschiedenen Ländern da an Material bekamen, also das ging über Frankreich, Holland, Belgien und so weiter, dann bis zur damaligen Sowjetunion, das ist alles in etwa 80 „Storchmitteilungen“ enthalten. Unser Anliegen war, auch in den anderen Ländern Arbeitskreise Weißstorch zu bilden. Und das ist uns in Ungarn gelungen, in der Tschechoslowakei und in der Ukraine, in Kiew in der Universität. Also das war eigentlich sehr erfolgreich.
Literatur zum Weiterlesen
Behrens, H. und Hoffmann, J. (Hg..): Naturschutzgeschichte(n) – Lebenswege zwischen Ostseeküste und Erzgebirge. Friedland 2013.
Erna Kretschmann. In: Behrens, H.: Naturschutzgeschichte und Naturschutzbeauftragte in Berlin und Brandenburg [Lexikon der Naturschutzbeauftragten. Band 3]. Friedland 2010: 704-707.
Kurt Kretschmann. In: Behrens, H.: Naturschutzgeschichte und Naturschutzbeauftragte in Berlin und Brandenburg [Lexikon der Naturschutzbeauftragten. Band 3]. Friedland 2010: 707-716.
Schulz, M.: Ein Leben in Harmonie. Kurt und Erna Kretschmann - für den Schutz und die Bewahrung der Natur. Neuenhagen 1999.
Zur Person Kurt Kretschmann
geboren 1914 in Berlin, gestorben 2005 in Bad Freienwalde
Lehre und Arbeit als Zuschneider; 1945 bis 1950 Mitarbeiter KPD-Kreisleitung Oberbarnim; ab 1950 hauptamtliche Tätigkeit als Kreisnaturschutzbeauftragter des Kreises Oberbarnim; 1951 bis 1952 Leiter Landesfachstelle für Naturschutz im MLF des Landes Brandenburg; 1952 bis 1954 Referent für Naturschutz an der AdL; 1954 bis 1960 Aufbau und Leitung der Staatlichen Lehrstätte für Naturschutz Müritzhof; ab 1960 freischaffend tätig im "Haus der Naturpflege"
Zur Person Erna Kretschmann
geboren 1912 in Bollinken bei Stettin, gestorben 2001 in Bad Freienwalde
Kindergärtnerin und Horterzieherin; 1946 bis 1949 Kreisrätin für Volksbildung; 1951 bis 1952 Referentin für Naturschutz im Rat des Kreises Bad Freienwalde; 1954 bis 1960 Mitarbeit in der Lehrstätte für Naturschutz Müritzhof; 1960 bis 1964 Bezirkssekretärin für Natur und Heimat beim Kulturbund Frankfurt/Oder; 1964 bis 1968 Arbeit in der Volksbuchhandlung Bad Freienwalde; 1968 bis 1984 Aufbau und Unterhaltung des "Hauses der Naturpflege"
1951 bis 1952 Kreisnaturschutzbeauftragte Kreis Oberbarnim; 1952 bis 1957 Bezirksnaturschutzbeauftragte Bezirk Frankfurt/Oder