Dr. Gerhard Klafs
Erinnerungen zu Aufgaben und Problemen der Naturschutzarbeit
Umweltfragen sind jedenfalls nach Erscheinen des Landeskulturgesetzes in diesen Beratungen ein ständig anwachsender Sektor gewesen. Im Grunde genommen ist es Landeskultur gewesen. Landeskultur und Umweltschutz wurden ja bei uns oftmals überhaupt nicht getrennt.
Diese Kommissionen und Gruppen, die die Bezirke da einberiefen, die haben sich nach dem Erscheinen des Landeskulturgesetzes etwas verändert. Der Umweltsektor hatte eine stärkere Eigenständigkeit bekommen. Sie hatten ein Ministerium und sie hatten auch z. B. im Bezirk Rostock eine Abteilung Umweltschutz, Wasserwirtschaft, Erholungswesen (UWE). Und da konnten wir uns dann doch aus vielen solcher Gremien einfach zurückziehen, weil wir sagen konnten: Also das ist Umweltschutz, das ist Landeskultur und wir sind das Institut für Landschaftsforschung und Naturschutz. Wir haben auf dem Sektor Naturschutz, der zwar Bestandteil des Umweltschutzes ist, aber ein eigenständiger und verantwortungsvoller Zweig des Umweltschutzes, so viel zu tun, dass wir da nicht mitmachen.
Und es gab Landschaftstage. Die da gefassten oder niedergeschriebenen Proklamationen und Forderungen und Wünsche waren gewöhnlich an den Rat des Bezirkes gerichtet. Die haben natürlich eine positive Rolle gespielt, gerade nach Erlass des Landeskulturgesetzes. Aber es ist schwer zu beurteilen, was sie bewirkt haben. Sie haben ganz fraglos gewisse Impulse gegeben, gerade in Richtung der staatlichen Organe. Denn es war selbstverständlich, dass von den Parteiinstanzen immer Funktionäre zu den Landschaftstagen eingeladen wurden. Die mussten auch kommen. Das wurde angeordnet, dass die da als Gäste im Präsidium saßen und sich alles anhören mussten. Sie waren ja nicht dumm, und da wird es bei dem einen oder anderen doch „klick“ gemacht haben.
Es hätte sicher ohne diese Landschaftstage und ohne die Gesellschaft für Natur und Umwelt im Kulturbund schlechter ausgesehen. Aber das nun zu messen, ist ganz schwer. Es wurde auf den Landschaftstagen natürlich auch sehr viel leeres Stroh gedroschen. Aber es ist immer einer von uns auch bei den Landschaftstagen dabei gewesen. Natürlich wurden, wenn ich an Rostock und die Landschaftstage denke, für Hiddensee Forderungen gestellt, es wurden auch in Zingst Forderungen gestellt.
Die Hauptproblembereiche, mit denen der Naturschutz damals zu tun hatte, waren Landwirtschaft, Forstwirtschaft und Erholungswesen – Landwirtschaft unbedingt an erster Stelle. Und als Zweites die Forstwirtschaft. Wir haben damals viel auf die Forstwirtschaft geschimpft, aber im Vergleich zu heute war das eigentlich noch idyllisch. Denn diese Waldschutzgebiete, die wir zusammen mit den Beauftragten konzipiert hatten, wurden dann auch bei der Forsteinrichtung respektiert. In den 1970er Jahren hatten wir viele illegale Eingriffe der Forstwirtschaft in Naturschutzgebiete. Das hörte dann auf. Und man hatte das Gefühl, dass die Forstwirtschaft doch Spaß daran bekam, Stücke von alten Wäldern so zu erhalten, wie sie gewesen sind. Mit der Forstwirtschaft war eigentlich das Auskommen recht gut. Und das Erholungswesen vielleicht an dritter Stelle. Erholungswesen wegen der vielen illegalen oder landschaftsschädigenden Neueinrichtungen von Betrieben, diese Betriebsferienheime und Betriebsbungalowsiedlungen, die oftmals mitten in die Landschaft geknallt worden sind. Was sonst noch? Straßenbau war ja vergleichsweise wenig. Das ging erst nach der Wende los.
In die Siedlungsentwicklung waren wir nie involviert. Unsere Kraft oder auch unsere Zuständigkeit hörten eigentlich an den Grenzen der Siedlungen auf. Was in den Siedlungen passierte, ob das nun Dörfer waren oder Städte oder Großstädte, zählte nicht mehr zur Natur, und demnach war da auch Naturschutz nicht gefragt – also von unserer Seite nicht. Nachher gab es im Kulturbund die Stadtökologie. Die ist dann ganz stark in diesen Sektor eingestiegen und hat ja dann auch sehr viele positive Ergebnisse erzielt. Aber für das ILN existierte das nicht.
Wie gesagt, wir haben uns auf Naturschutz zurückgezogen: Naturschutzgebiete vor allen Dingen, bestandsbedrohte Pflanzen, Tiere und so weiter.
Mancher Erfolg entstand im Zusammenhang mit dem Ehrenamt. Ich bin ehrenamtlich als ordentliches Mitglied in den ZFA Ornithologie berufen worden, dann war ich Vorsitzender des Bezirksfachausschusses Rostock. [...] Also es wurde nicht so hart getrennt zwischen Hauptamt und Ehrenamt.
Literatur zum Weiterlesen
Klafs, G.: Die Arbeitsgruppe Greifswald des Institutes für Landschaftsforschung und Naturschutz. In: Behrens, H. & Auster, R. (Red.); Institut für Umweltgeschichte und Regionalentwicklung e.V. (Hg.): Naturschutz in den Neuen Bundesländern - Ein Rückblick. Berlin 2001: 325-348.
Klafs, Gerhard. In: Behrens, H.: Lexikon der Naturschutzbeauftragten. Band 2: Sachsen-Anhalt. Hrsg. vom Institut für Umweltgeschichte und Regionalentwicklung e.V., Friedland 2006: 207-212.
Klafs, G.: Geschichte des Forschungsgebietes Populationsökologie. In: Reichhoff, L. & Wegener, U. (Bearb.); IUGR e.V. (Hg.): ILN - Institut für Landschaftsforschung und Naturschutz. Forschungsgeschichte des ersten deutschen Naturschutzinstituts. Berlin: 174-184 und 216-231.
Zur Person
geboren 15.12.1933 in Johannisburg, gestorben 18.01.2019 in Schwerin
Studium der Geographie und Biologie
seit 1960 wissenschaftlicher Mitarbeiter am Institut für Landschaftsforschung und Naturschutz Halle und Greifswald (ab 1964); seit 1970 Leiter der Zweigstelle Greifswald des ILN; 1991 bis 1995 Mitarbeiter der Abteilung Naturschutz des Landesamtes für Natur und Umwelt Mecklenburg-Vorpommern; Ruhestand
Ehrenamtliche Tätigkeit als Vorsitzender des BFA Ornithologie des BFA Ornithologie Rostock (seit 1969), Mitglied des ZFA Ornithologie (seit 1974); seit 1997 Mitglied des Landesvorstandes Mecklenburg-Vorpommern des Naturschutzbundes Deutschland e.V.