Dr. Lebrecht Jeschke

Erinnerungen zur Arbeitsgruppe Greifswald des Instituts für Landschaftsforschung und Naturschutz

Die Zweigstelle Greifswald des ILN bestand damals aus zwei Mitarbeitern und dem ehrenamtlichen Leiter, Professor Dr. Hurtig, der gleichzeitig Direktor des Geographischen Instituts der Universität war. Unsere Zweigstelle des ILN war auch im Geographischen Institut untergebracht. Es war selbstverständlich, dass wir an den allgemeinen wissenschaftlichen Veranstaltungen des Geographischen Instituts teilnahmen, denn das Arbeitsklima war freundlich, ja auch freundschaftlich. Konkurrenzängste waren unbekannt. Professor Hurtig hatte vor 1945 Geographielehrer in Elbing ausgebildet und vertrat in Greifswald die physische Geographie. Dr. Harry Schmidt, Schüler von Theodor Hurtig, war der erste hauptamtliche Wissenschaftler, der in Mecklenburg im Naturschutz arbeitete. Von ihm habe ich sehr viel über Landschaft, über Landschaftsgeschichte und Naturschutz gelernt. Und dann gehörte noch eine Sekretärin zu unserer kleinen Arbeitsgruppe, Frau Bramer, die Frau eines Kollegen aus der Geographie. Unsere kleine Arbeitsgruppe fühlte sich mehr oder weniger dem Wissenschaftsbetrieb der Geographie zugehörig. Mit den Naturschutzverwaltungen hatten wir weniger Kontakt, unsere Hauptaufgabe bestand in den ersten Jahren in der Betreuung der Naturschutzbeauftragten, die damals noch vom ILN berufen wurden. Es waren liebenswerte kernige Gestalten darunter. In diese Welt musste ich nun hineinwachsen und mich beweisen. Der Weg dorthin war vorgegeben: gemeinsame Ortstermine und Exkursionen und jährliche Tagungen. Zunächst waren es noch Tagungen, an denen alle Beauftragten der drei Nordbezirke teilnahmen. Später veranstaltete jeder Bezirk seine „Bezirksnaturschutztagung“ und die „Zweigstelle“ war für die fachliche Ausgestaltung der Tagungen verantwortlich. Dabei ging es um einen Informationsaustausch und es waren im besten Sinn Weiterbildungsveranstaltungen. Es ging im Grunde genommen um die wissenschaftliche Fundierung des Naturschutzes, mit dieser Zweckbestimmung war ja das ILN 1953 gegründet worden. Die Arbeit mit den Naturschutzbeauftragten hat mir von Anfang an viel Freude bereitet. Die Kontakte zu den Verwaltungen waren in den ersten Jahren sporadischer Natur, später, als die Beauftragten von den Verwaltungen berufen wurden, änderte sich das zwangsläufig. [...]

Inzwischen war die Zweigstelle Greifswald durch Dr. Gerhard Klafs verstärkt worden. Er kam 1962 nach Greifswald. Unsere Arbeiten über die Sölle gehören zu den besten aus der Greifswalder Zweigstelle des ILN. Die Sollforschung ist nach 1990 von Müncheberg in großem Stil weitergeführt worden. Neben den Söllen hatten wir die Aufgabe, die übrigen Landschaftselemente der Kulturlandschaft, soweit sie mehr oder weniger natürlichen Ursprungs waren, zu erfassen und Vorschläge zu unterbreiten, wie sie zu beseitigen seien. Dazu hatten wir Berechnungen anzustellen, was deren Beseitigung kosten würde. Auf der anderen Seite war nachzuweisen, wann sich diese Kosten durch Innutzungnahme der gewonnenen Fläche und den Wegfall, sie zu umfahren, amortisiert hätten. Was haben wir damals für abenteuerliche Berechnungen angestellt! Im Kreis Röbel erlebten wir hautnah das Verschwinden der vielen kleinen Strukturen in der Landschaft, der Findlinge und Lesesteinhaufen, der Feldwege und der alten Heckenreste, der Einzelbäume und Baumgruppen, von denen die Vielfalt und Schönheit einer Landschaft nach gängigem Verständnis maßgeblich bestimmt werden. Sie verschwanden buchstäblich vor unseren Augen. Diese Homogenisierung der Landschaft wurde in der Öffentlichkeit kaum wahrgenommen.

Die Forschungsarbeiten, die von der Arbeitsgruppe Greifswald in den 1970er und 1980er Jahren durchgeführt wurden, sind im dem Buch von Lutz Reichhoff und Uwe Wegener über die Forschungsgeschichte des ILN ausführlich dokumentiert.

Literatur zum Weiterlesen

Behrens, H. und Hoffmann, J. (Hg..): Naturschutzgeschichte(n) – Lebenswege zwischen Ostseeküste und Erzgebirge. Friedland 2013.

Succow, M.; Jeschke, L.; Knapp, H.: Naturschutz in Deutschland. Berlin 2012.

Succow, M.; Jeschke, L.; Knapp, H.: Die Krise als Chance - Naturschutz in neuer Dimension. Neuenhagen 2001.

Succow, M.: Lebrecht Jeschke. Ein Leben für den Schutz von Natur und Landschaft. Archiv für Naturschutz und Landschaftsforschung 2003: 1-5.

Zur Person

geboren 15.05.1933 in Eichdorf, Westpreußen

langjährig wissenschaftlicher Mitarbeiter am Institut für Landschaftsforschung und Naturschutz in Greifswald

1991 bis 1998 Direktor des Landesnationalparkamtes Mecklenburg-Vorpommern