Landschaftsdiagnose und Landschaftsgestaltung

Bei der „Landschaftsdiagnose der DDR“ handelte es sich um eine Forschungsarbeit unter Leitung der Landschaftsarchitekten Reinhold Lingner, Leiter der Abteilung Landschaft am Institut für Bauwesen der Akademie der Wissenschaften zu Berlin und seines Kollegen Frank Erich Carl. Beide hatten seit dem Herbst 1948 Vorarbeiten für die Erforschung von Landschaftsschäden auf dem Gebiet der SBZ geleistet. Die Landschaftsdiagnose wurde dann im Wesentlichen 1950 durchgeführt und nach einer Unterbrechung 1952 beendet. Sie stand in keinem unmittelbaren Zusammenhang zum Naturschutz, bildete allerdings disziplingeschichtlich einen Ausgangspunkt für spätere Forschungs- und Planungsansätze auch im Naturschutz (Hiller 2002: 277).

Mithilfe der Landschaftsdiagnose wurden von über 90 Kartierern, die entsprechend der noch bestehenden föderalen (Landes)gliederung der DDR in fünf Arbeitsgruppen aufgeteilt waren, die wichtigsten Landschaftsschäden in den Ländern der DDR erhoben: (a) in extremem oder fortgeschrittenem Ausmaß von Gehölzschutz entblößte Kulturflächen, (b) extreme Kulturbodenzerstörung durch Bergbau, (c)extreme Störungen des Wasserhaushalts und (d) extreme Landschaftsschäden durch Rauch, Staub und Abgase der Industrie.

Die Landschaftsdiagnose sollte die Datengrundlage für nachfolgende großräumige Landschaftsgestaltungsmaßnahmen liefern. Diesbezügliche Hoffnungen der Protagonisten erfüllten sich letztlich nicht, die Forschungsarbeit wurde nach Bedenken, sie gefährde die Staatssicherheit, da es keine Garantie gebe, dass die umfangreichen Informationen „nur für die Zwecke des Aufbaues“ benutzt würden, am 14. August 1950 abgebrochen. Dem Engagement von Lingner war es zu verdanken, dass zumindest der Grundauftrag 1952 erfüllt werden konnte (Hiller 2002: 86 und 92).

Gleichwohl gab es zunächst umfassende Ansätze für Heckenschutz und Flurholzanbau und weit reichende Organisationsvorstellungen und Maßnahmenpläne für die Landespflege. So wurde zum Beispiel am 12.2.1951 ein Zentraler Regierungsausschuss für Landschaftspflege bei der Hauptabteilung Forstwirtschaft des Ministeriusm für Land- und Forstwirtschaft der DDR gegründet. Im Gründungsprotokoll wurde auch die „Planung und Projektierung eines 5- und evtl. 20-Jahrplanes der Landschaftsgestaltung“ („Generallandschaftsplan“) genannt, der für die gesamte DDR gelten sollte. Die Ansätze für einen „Generallandschaftsplan“ für die ganze DDR wurden jedoch nicht konsequent weiterentwickelt.

Aus der Landschaftsdiagnose gingen lediglich einige Beispielsplanungen etwa im Huy-Hakel Gebiet im Harzvorland und im Leipziger Raum hervor (Heinrichsdorff 1959 und Krummsdorf 1963). Eingeflossen sind die methodischen Ansätze und Erhebungs-Ergebnisse der Landschaftsdiagnose auch in die Arbeiten zur Wiederherstellung der großräumigen Bergbaufolgelandschaften im Dreiländereck Sachsen, Thüringen und Sachsen-Anhalt und in der Niederlausitz. Angewandt wurden die Untersuchungen der Landschaftsdiagnose dann später auch zur Unterstützung von Versuchen, einen grenzübergreifenden Nationalpark Elbsandsteingebirge zu schaffen sowie bei „Generalbebauungsplänen“, z. B. für den Bezirk Erfurt (Wübbe 1995: 73).

Literatur zum Weiterlesen

Lingner, Reinhold: Landschaftsgestaltung. Kulturbund zur demokratischen Erneuerung Deutschlands (Hg.). Berlin 1952.

Lingner, Reinhold; Carl, Frank Erich: Landschaftsdiagnose der DDR. Deutsche Bauakademie. Schriften des Forschungsinstituts für Gebiets-, Stadt- und Dorfplanung. Berlin o.J.

Hiller, Olaf (Hg.): Die Landschaftsdiagnose der DDR. Zeitgeschichte und Wirkung eines Forschungsprojekts aus der Gründungsphase der DDR. Technische Universität Berlin. Materialien zur Geschichte der Gartenkunst. Berlin 2002.

Wübbe, Irmela: Landschaftsplanung in der DDR. Aufgabenfelder, Handlungsmöglichkeiten und Restriktionen in der DDR der sechziger und siebziger Jahre. Bund Deutscher Landschaftsarchitekten e.V. (Hg.). Pillnitzer Planergespräche. Bonn 1995.

Phase 1945 bis 1954

Erinnerungen von Zeitzeugen

Prof. Dr. Klaus Dietrich Gandert