Brasilien, das Land der großen Gegensätze!

Ein Reisebericht über meine unvergessliche Zeit in Brasilien Ich habe es getan, ich habe es tatsächlich getan. Die Rede ist vom AUSLANDSSEMESTER!!! Ich habe mich getraut ganz allein ca. 10000 km weit weg von Familie und Freunden für ein halbes Jahr zu studieren und zu leben. Rückblickend betrachtet, bleibt mir zu sagen, das war das absolut Beste, was mir in meinem Leben passieren konnte. Aber hierher gehört natürlich auch die Anfangsgeschichte. Denn euch, die potentiellen „Ins-Ausland-Reiser“ interessiert sicher vor allem, wie ich zu dieser großartigen Gelegenheit gekommen bin, meinen Wohnort nach Südbrasilien zu verlegen und das Bett gegen die Hängematte zu tauschen … :D

Sehr früh in meiner Studienlaufbahn keimte in mir der Wunsch: „Ariane, du willst mehr sehen!“ und damit dachte ich nicht nur an eine andere Hochschulstadt Deutschlands, nein ich wollte die Welt sehen, andere Kulturen kennenlernen, aber vor allem hautnah alles Fremde erleben. Als ich dann nach meinem Bachelor in Hannover an der Hochschule Neubrandenburg meinen Master in Lebensmittel- und Bioprodukttechnologie im März 2014 begann, kam ich schnell in Kontakt mit den zahlreich auf dem Campus lebenden und studierenden Brasilianern. Wir haben zusammen studiert und auch die Freizeit verbracht mit Ausflügen in die naturreiche Umgebung Neubrandenburgs, gemeinsamen Volleyballmatches, experimentierfreudigen Kochabenden (auch zum ersten Kennenlernen der brasilianischen Kultur) …und und und.

Die Liste kann beliebig fortgeführt werden. Aber jetzt zu meinem ganz persönlichen Großereignis, woran die Brasilianer hier in Neubrandenburg einen großen Anteil haben. Aber wo kommen die brasilianischen Studenten eigentlich her? Dies fragte ich mich nach näherer Auseinandersetzung mit dem Thema. Da gab es Raquel aus Santa Maria, Julio und Yasmim aus Rio de Janeiro, Caué aus Campo Grande, Alessandra und Camille aus Florianópolis und noch einige andere aus verschiedenen Orten mehr. Beim Suchen der Städte fiel mir eine andere Stadt besonders ins Auge, Blumenau, wohin im 18. Jahrhundert viele Deutsche auswanderten. Unter Ihnen auch der Gründer der Stadt der Apotheker Dr. Herrmann Blumenau. Durch Erzählungen einer Freundin, Angelica, Studentin aus Neubrandenburg, welche ebenfalls einige Zeit in Blumenau arbeitete, wurde meine Neugier noch größer und ich entschied mich, mich an der Partnerhochschule „FURB – Universidade Regional de Blumenau“ zu bewerben...

Gerade befinde ich mich diesen Bericht verfassend im Wartebereich eines deutschen Flughafens. Dabei wurde mir klar: Hey Ariane, es ist gerade einmal ein Jahr und zwei Monate her, dass du hier warst und ausländische Studierende in Empfang nehmen konntest. Damals war mir allerdings nicht so bewusst, was es heißt „Ankommen am Flughafen des Wunsch-Ausreiselandes“. Heute ist mir das nach über 1000 bis unendlich Universitätsgebäude Stadtansichten von Blumenau Rathaus in Blumenau Christo Redentor Foz do Iguaçu – die größten Wasserfälle Südamerikas im Dreiländereck – Brasilien, Argentinien und Paraguay vielen Eindrücken, welche ich in Brasilien sammeln konnte, deutlicher geworden. Ich fühle mich auch jetzt viel stärker, ausgeglichener und lebe noch intensiver die Augenblicke. Durch die etwas andere Mentalität der Brasilianer habe ich gelernt auch zwischen den Zeilen zu lesen, zu verstehen, zu lachen, zu leben sowie zu genießen mit den Menschen. Allen gemeinsam im größten Land Südamerikas und fünftgrößtem der Erde ist ihre stets positive, herzliche Ausstrahlung vor allem gegenüber Fremden wie Einwanderern oder Auslandsstudenten, wie mir.

Zugegeben die erste Zeit in Blumenau war natürlich geprägt von City-Erkundungstouren und ersten (noch) mühevollen Versuchen der Verständigung mit den Bewohnern, unter anderem mit Studenten /Mitarbeitern der Universität. Darüber hinaus kam ich auch bei den alltäglichen Dingen wie Einkaufen im Supermarkt oder beim Besuch von Restaurants/ Cafés in den Genuss erste Brocken meines PortugiesischWortschatzes zu testen. Mobil war ich in Blumenau größtenteils durch Busse des SIGA Transportsystems. Ich habe mich schnell an die doch ungewohnte Fahrweise der Busfahrer gewöhnt. Bei diesen vielen Fahrten habe ich meine Portugiesisch-Kenntnisse in Konversationen mit Busfahrern, Ticketverkäufern oder anderen Busgästen verbessern können. Eben dieser Aspekt, dass man im Bus erst sein Ticket bezahlt, war sehr ungewohnt, aber dennoch irgendwie praktisch. Die für mich günstigste Busfahrkarte für Studenten hielt ich nach drei Anläufen stolz in den Händen, denn ich hatte mich ganz allein verständigt. Eine andere Hürde konnte ich mithilfe der sehr netten Mitarbeiter des International Office überwinden. Sie halfen mir eine günstige Bleibe für die gesamte restliche Zeit zu finden. Die ersten zehn Tage hatte ich mir von Deutschland aus ein Hostelzimmer organisiert, wobei mir die Deutschkenntnisse der Besitzerin in der Anfangszeit sehr geholfen haben. Meine Gastfamilie nahm mich sehr herzlich auf. Unsere Kommunikation begann „mit Händen und Füßen“ und wurde von Tag zu Tag besser. Meine Gastschwester konnte als Einzige der Familie auch Englisch sprechen und das erleichterte so manche schwierige Situation erheblich.

Auch Sie profitierte vom englischen Sprachgebrauch. Nach und nach lernte ich die anderen Familienmitglieder kennen. Von Montag bis Donnerstag belegte ich verschiedene Uni – Kurse. Die Zeiten von 18 bis 22 Uhr differieren stark von denen, die man in Deutschland gewöhnt ist. Sie liegen daher so spät, da die meisten brasilianischen Studenten zur Finanzierung ihres Studiums tagsüber arbeiten gehen müssen. Davor habe ich größten Respekt. Manchmal denke ich, wir wissen in Deutschland gar nicht, wie gut es uns wirklich geht. Belegt habe ich vier Kurse zu Themen mit Wirtschaftsschwerpunkten wie Globalisierungsmanagement oder Marketing und Konsumverhalten. Letzteren fand ich persönlich am interessantesten. Unterschiede im Leben habe ich nicht nur während der Kurse bemerkt, sondern auch bei meiner kleinen Rundreise in den sich anschließenden Semesterferien. Sie führte mich in den mittleren Teil Brasiliens. Durch eine sehr gute Freundin, hier in Neubrandenburg kennengelernt, wurden die ersten elf Tage in Rio de Janeiro zu den schönsten meiner gesamten Zeit in Brasilien. Angefangen beim Sonnenuntergang auf dem Zuckerhut über eine Nachtklettertour im größten städtischen Urwald der Welt, „dem Tijuca“ bis hin zu Lapa, Samba, Strand und Wellen.

Aber es sind eben doch die Menschen, welchen man auf seinen Reisen begegnet, die alles so besonders machen. Danach ging meine Busrundtour weiter zu der Stadt mit dem schönen Namen – Belo Horizonte. Dort übernachtete ich bei einem mir aus Neubrandenburg bekannten brasilianischen Freund, der ein super Reiseführer war. Von Behaga (Kurzform von Belo Horizonte) führte der Weg in eine sehr kleine Provinz mit Namen Funilândia, wo ich eine weitere brasilianische Freundin besuchte. Die nächste Station meiner gewählten Tour erreichte ich nach einer 22 – stündigen Busfahrt: Campo Grande in Mato Grosso do Sul. Das Beeindruckendste dabei war, wie sich die Landschaft in den gut 2000 km veränderte. Unbemerkt hatte ich dabei einen Zeitzonenwechsel von einer Stunde. So groß ist Brasilien! Meinen Begleiter vor Ort kannte ich ebenfalls aus Neubrandenburg.

Er empfahl mir den sich anschließenden Trip nach Bonito. Diese Stadt liegt genau wie Campo Grande in unmittelbarer Nähe zu Paraguay. In diesem typischen Touristenausflugsort unternahm ich eine wunderschöne Schnorcheltour und auch einen Ausflug zur „Lagoa Azul“ (Höhlensee, in dem sich das reinste Wasser der Erde befinden soll ). Nach diesem Trip ins Naturparadies folgte als absoluter Kontrast die Millionenstadt Sao Paulo. Die Ausmaße und der Verkehr dieser großen Stadt haben mich sehr beeindruckt. Zum Glück zeigten mir auch hier wieder Freunde die interessantesten Orte und ich war froh nicht allein unterwegs zu sein. Mit wehmütigem Gefühl begab ich mich auf die 16 – stündige Rückreise nach Blumenau. Die letzte Woche war geprägt von letztmaligen Cafe– und Tanztreffen mit liebgewonnenen Freunden, letzten Familienfesten und leider auch dem Packen der sieben Sachen (vielleicht auch etwas mehr rück zu) für die Heimreise. Es blieb am Ende kein Auge trocken.

Was ich euch auf jeden Fall noch ans Herz legen möchte: „Ich bereue es nicht diesen wichtigen Schritt, vor allem für mich selber, gegangen zu sein. Ich würde es wieder tun! Und euch kann ich nur sagen, traut euch! Entdeckt die Welt!“

Ariane Kaiser, Master Lebensmittel- und Bioprodukttechnologie November 2015