Beschreibung des Projektes

Inanspruchnahme von Ratgebermedien zur Pflege und Erziehung kleiner Kinder durch Eltern und frühpädagogische Fachkräfte – eine qualitative Explorationsstudie

Info-Flyer mit Kurzfassung des Projekts

Langfassung des Projekts: Im Zuge der Entstehung eines neuen Kindheitsbildes, der Ratifizierung der UN-Kinderrechtskonvention in verschiedenen Nationen weltweit sowie der Veränderungen familialer Strukturen und der Medialisierung in modernen Industrienationen haben sich Ratgeberangebote für Eltern in den vergangenen Jahrzehnten einen festen Platz im Leben vieler Familien verschafft. Ratgebermedien reagieren in der ‚Risikogesellschaft‘ (Beck) und in einer ‚liquiden Moderne‘ (Bauman) wahrscheinlich auf Orientierungsbedarfe von Eltern zu manch ‚altem‘ Problem, aber auch zu vielen ‚neuen‘ Fragen des Umgangs mit Kindern und der elterlichen Lebensgestaltung (vgl. Schmid 2012; kritisch: Großkopf 2019). Mediale Ratgeber sind inzwischen derart omnipräsent, dass sie - obwohl sie kulturhistorisch eigentlich noch ein recht junges Phänomen sind - kaum mehr als etwas Besonderes wahrgenommen werden: Auf dem Buchmarkt, im Internet, in Magazinen und Zeitungen oder im Fernsehen finden sich heute vielfältige Antworten auf Fragen rund um Kindererziehung, schulisches Lernen, Kinderwunsch, Schwangerschaft und Geburt, (Baby-)Pflege, Gesundheit, Ernährung, Sexualität, Selbstvertrauen u.v.m. Einen Schwerpunkt des Angebots bilden jedoch an Eltern adressierte Ratgeber, zu denen in der (kindheits-)pädagogischen Forschung in den vergangenen Jahren mehrere Studien vorgelegt worden sind (vgl. zum Überblick: Schmid, Sauerbrey & Großkopf 2019).

Insbesondere populäre Ratgebermedien bieten gegenüber den professionellen und institutionalisierten Beratungsangeboten für die Nutzer*innen Vorteile, denn sie sind qua Format niedrigschwellig angelegt, d.h., Ratsuchende haben die freie Wahl der Nutzung, sie können anonym genutzt werden, sind meist laienverständlich verfasst und setzen wie auch die professionellen Beratungsangebote an konkreten praktischen Fragen, möglichen Problemen oder Defiziten an. Dabei stellen die Ratgeber den Ratsuchenden und anderen an einem bestimmten Thema Interessierten unmittelbare Hilfe und Verbesserung ihrer jeweiligen Situation in Aussicht (vgl. Heimerdinger 2015).

Zu welchem speziellen Zweck und wie diese Medien von Eltern rezipiert werden (1. Forschungsinteresse), ist bislang allerdings nur punktuell empirisch untersucht worden (vgl. Keller 2008; Jahn 2012; Harris & Brown 2017; Zeller 2018; Hartz & Sauerbrey 2018). Darüber hinaus bilden populäre Ratgeberbücher aus den Erfahrungen des Antragstellers und auf Basis zahlreicher Rückmeldungen von Studierenden, die in Kindertageseinrichtungen Praktika absolviert haben, auch einen nicht geringen Anteil an ‚Fachliteratur‘, die in den Vor-Ort-Bibliotheken in frühpädagogischen Einrichtungen (v.a. Krippen und Kindergärten) zu finden sind. Zur Diskussion steht daher neben dem Blick auf Eltern als Rezipient*innen auch die Inanspruchnahme von Ratgebermedien durch pädagogische Fachkräfte in Kindertageseinrichtungen (2. Forschungsinteresse).

An diesen beiden Desiderata setzt das beantragte Projekt an. Anliegen des Forschungsvorhabens ist es dabei, die subjektiven Perspektiven der o.g. Rezipient*innengruppen mittels Interviews zu erfassen, um den Forschungsstand um empirische Erkenntnisse über die Motive zur Wahl von Ratgebermedien sowie über die Inanspruchnahme und Verwendung des Wissens zu erweitern und so Vorarbeiten für ein drittmittelfinanziertes Anschlussprojekt zu schaffen.

Forschungsmethod(olog)isch wird mit qualitativen Daten gearbeitet. Ziel ist es dabei, 10 Einzel- oder Paarinterviews mit Eltern sowie 10 Einzel- oder Gruppeninterviews mit pädagogischen Fachkräften aus Kindertageseinrichtungen zu führen. Um einen hohen Kontrast der subjektiven Perspektiven zu ermöglichen, sollen die Proband*innen nach Möglichkeit verschiedenen Geschlechts sein und müssen vorab bereits buchförmige und/oder digitale Ratgebermedien (z.B. Blogs, Elternforen, Apps o.ä.) zum Thema Babypflege und/oder Kleinkindererziehung im Rahmen des Familien- und/oder Arbeitsalltags in Anspruch genommen haben. Zudem müssen sie ihre Einwilligung zur Teilnahme an der Explorationsstudie bestätigt haben. Die mittels der Gespräche erhobenen Audiodaten sowie ein Kurzfragebogen zu den sozioökonomischen Hintergründen der Gesprächspartner*innen werden entsprechend forschungsethischer Standards für die Studienlaufzeit gespeichert und danach vollständig wieder gelöscht. Die Rekrutierung der Proband*innen erfolgt über pädagogische Institutionen (Aushänge, Aufrufe, niedrigschwellige Kontaktangebote) und an der Forschung interessierte Erwachsene mit Zugang zu den Zielgruppen.

Die Interviews werden gemäß Dresing & Pehl (2015) transkribiert, für die Datenanalyse pseudonymisiert und in Transkriptionsform fünf Jahre nach Studienende vollständig gelöscht. Ausgewertet werden die Interviewtranskripte mittels einer qualitativen Inhaltsanalyse in Anlehnung an Kuckartz (2016) unter Verwendung der Software MAXQDA. Dabei wird nach dem konsensuellen Codieransatz gearbeitet, um im Prozess der Datenauswertung eine intersubjektive und kommunikative Validierung der Ergebnisse zu ermöglichen.

Fördervolumen: 9.655,00 Euro (gesamt: 2021-2022)

Mitarbeitende: Liubov Andreeva, M.A.; Claudia Schick, B.A.; Emily Zahn, B.A.; Rebecca Garbosnik